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Ein Verwaltungsbeamter mit Leib und Seele: Adolf Tjaden, Brackwedes Amtsdirektor von 1946 bis 1952.

»Ein Beamter mit Leib und Seele«

In der 20. Folge der Serie »Anno dazumal«: Heute vor 40 Jahren starb Adolf Tjaden

Von Lars Rohrandt
Brackwede (WB). Adolf Tjaden führte als Amtsdirektor (1946 bis 1952) Brackwede mit durch die ersten Nachkriegsjahre. »Er war ein Verwaltungsbeamter mit Leib und Seele«, sagt Brackwedes Ortsheimatpfleger Rolf Künnemeyer. Heute auf den Tag genau vor 40 Jahren starb Adolf Tjaden.

Einige Monate hatte Tjaden in den Jahren 1945 und 1946 auch die Geschäfte des Amtsbürgermeisters inne: Denn Brackwedes Bürgermeister Hermann Bitter wurde am 2. April 1945 wegen der Öffnung von Panzersperren durch die Wehrmacht festgenommen. In den frühen Morgenstunden des Folgetages wurde er von einem Standgericht des nationalsozialistischen Regimes erschossen - zwei Tage bevor die Amerikaner einmarschierten.
Auch der damalige Verwaltungsoberinspektor Tjaden war wie Bitter nach Bielefeld in den Sedanbunker gebracht worden. Angehörige der Wehrmacht hatten ihn wegen angeblicher Sabotage verhaftet. Einem Standgerichtsverfahren sei er nur dank glücklicher Umstände entronnen, schreiben Karl Beckmann und Rolf Künnemeyer in ihrem Buch »1151-2001: Brackwede - Stationen einer 850-jährigen Geschichte« (2001).
Denn ein diensthabender Offizier hätte ihn auf sein energisches Drängen hin entlassen, er wäre ja bereits vernommen worden. Zurück im Amt, übernahm er die Dienstgeschäfte Bitters, so wie es eine Verfügung von Juni 1944 vorgesehen hatte. Aber auch die Besatzungsmacht betraute Tjaden mit der Führung der Geschäfte des Amtsbürgermeisters. Der Landkreis Bielefeld bestätigte einige Wochen später die Ernennung Tjadens, der wählen durfte, die bisher kommissarisch geführte Stelle des ehrenamtlichen Amtsbürgermeisters oder die Stelle des Amtsdirektors als Berufsbeamter zu übernehmen. Der gelernte Verwaltungsfachmann und langgediente Beamte entschied sich, Verwaltungschef zu werden. Dieses blieb er bis November 1952, als er krankheitsbedingt vorzeitig in den Ruhestand versetzt wurde.
Geboren wurde Adolf Tjaden am 7. März 1890 in Völksen bei Springe. In Hameln schloss er die Mittel- und Handelsschule ab und war in der Stadtverwaltung nach einer Lehre als Gehilfe tätig. 1911 wechselte er nach Schildesche, im März 1912 bereits in die Amtsverwaltung Brackwede. Hier blieb er dann bis zum Ende seines Arbeitslebens.
1914 wurde er zum Kriegsdienst eingezogen. Erst 1920 kehrte er zurück. Zwei Jahre war der Offiziersstellvertreter in französischer Gefangenschaft. In Brackwede stieg er bis 1933 vom Verwaltungsassistenten zum Verwaltungsinspektor auf. Er lebte in einem Haus an der Kollostraße.
Beckmann und Künnemeyer schreiben, dass sich der parteilose Tjaden kurz nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten bei einzelnen NSDAP-Stellen oder -Mitgliedern missliebig gemacht haben müsse. Denn er selbst und einige Mitarbeiter wurden denunziert. Eine Versetzung des Beamten erreichte die NSDAP-Kreisleitung aber nicht. Bis zur Festnahme 1944 gab es weitere Beschwerden, anonyme Briefe und Anschuldigungen.
Nach Adolf Tjadens Tod würdigte das WESTFALEN-BLATT seine »vorbildliche Aufbauarbeit« nach dem Zweiten Weltkrieg. Der Artikel erinnerte daran, dass Tjaden etwa zehn Jahre lang nebenberuflich an der Verwaltungsschule Minden-Ravensberg gewirkt habe. Zudem wurde erwähnt, dass er Mitbegründer des Westfälischen Landgemeindetages und des Verbandes der Hauptgemeindebeamten war. Besondere Anerkennung fand die Gründung des Heimatvereins Brackwede 1947, dessen langjähriger Vorsitzender und Ehrenvorsitzender er war. Er rief die Brackweder Heimatblätter ins Leben und verfasste das Buch »Das Amt Brackwede« (1948). Heute vor 40 Jahren starb Adolf Tjaden im Alter von 77 Jahren.
P Die 21. Folge der WESTFALEN-BLATT-Serie »Anno dazumal« beschäftigt sich am Freitag, 3. Juni, mit der Verabschiedung des früheren Sennestädter Gemeindedirektors Georg Erdmann.

Artikel vom 04.05.2007