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Nur einer muss
hinter Gitter

Kindergarten-Einbrecher verurteilt

Versmold (igs). Der Staatsanwalt war überzeugt, das Gericht letztlich nicht: Ein Versmolder Paar ist gestern nicht für den Überfall auf den Getränkemarkt »Trinkfuchs« im Oktober verurteilt worden. Zu unsicher war dem Gericht die Beweislage. Büßen müssen beide aber für 16 Straftaten -Êdie Serie von Einbrüchen in Kindergärten-, Praxen- und Autos im Spätsommer 2006 im Altkreis Halle.
Gestern Mittag trennten sich die Wege für das Paar im Gerichtssaal: Eine kurze Minute blieb dem 35-Jährigen und der 29-Jährigen, um sich zu verabschieden. Denn während er für dreieinhalb Jahre hinter Gitter muss, konnte sie mit einer eineinhalbjährigen Freiheitsstrafe auf Bewährung nach sechs Monaten Untersuchungshaft als freie Frau das Gerichtsgebäude verlassen. Die deutlich mildere Strafe begründete die X. Strafkammer des Landgerichts Bielefeld damit, dass sie eventuell erheblich vermindert schuldfähig war. Er dagegen hatte ein langes Vorstrafenregister, außerdem hatte er den Großteil der Taten verübt, obwohl er noch unter Bewährung stand. Beide haben sich laut Urteil einer Drogentherapie zu unterziehen.
Ihre Heroinsucht war nach Überzeugung von Richter Carl-Friedrich Brinkmann der Hauptgrund dafür, warum sich das Pärchen im Spätsommer auf Diebestour durch den Altkreis und in Bad Iburg gemacht hatte. Angeklagt waren insgesamt 21 Einbrüche in Kindergärten, Praxen und Autos in Versmold, Halle, Steinhagen, Werther und Borgholzhausen, außerdem drei Autodiebstähle.
Dass sie nicht noch eine deutlich höhere Strafe kassierten -Êdie Staatsanwaltschaft hatte sechs Jahre Haft für den Versmolder und zwei Jahre für seine Freundin gefordert -Ê haben die Beiden der unsicheren Beweislage zu verdanken. Letztendlich konnte ihnen das Gericht den Überfall auf den »Trinkfuchs« an der Münsterstraße am 24. Oktober nicht nachweisen. Dieses Verbrechen war Hauptgegenstand der Anklage gewesen. »Die Beweissituation reicht nicht zur Überführung aus«, erklärte Richter Brinkmann.
Die 29-Jährige hatte zwar gleich dreimal gestanden, dass sie und ihr Freund den Getränkehandel überfallen hatten. Doch ihre Schilderung, die sie vor Gericht wiederrufen hatte (»Wir haben damit nichts zu tun!«), passte nicht zu dem Überfall, den die Verkäuferin im Zeugenstand schilderte. Details zu Maskierung und Beute stimmten ebensowenig überein wie der Tatort. Die Staatsanwaltschaft war dagegen überzeugt, dass nur ein Tatbeteiligter Details wissen konnte: So hatte die 29-Jährige angegeben, für den Überfall eine Wasserpistole aus einem Versmolder Spielwarengeschäft gekauft zu haben.
Warum die Frau mehrfach einen Überfall gestanden hatte, für den sie nicht verantwortlich waren, vermochten sich auch die Anwälte nicht erklären. Möglicherweise habe sie damit angeben wollen um zu zeigen, wie toll sie sei.

Artikel vom 27.04.2007