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Rückkehr ins System der Krankenversicherung

Barmer-Bezirksgeschäftsführer Helmut Achtermann stellt sich Fragen zur Gesundheitsreform

Versmold (WB). Geht es nach den Regeln der Gesundheitsreform, ist künftig jeder krankenversichert. Die neue Pflichtmitgliedschaft stellt Nicht-Versicherte, die von der Kassenversorgung ausgeschlossen waren oder medizinische Behandlungen selbst gezahlt haben, vor viele Fragen. Antworten gibt Helmut Achtermann, Barmer-Bezirksgeschäftsführer, im Gespräch mit WB-Redakteur Heiko Johanning.
300 000 Personen in Deutschland leben noch ohne Versicherungsschutz. Mit dem Muss zur Krankenversicherung sollen Nicht-Versicherte ab sofort in das geregelte System der medizinischen Versorgung integriert werden. Wie geht das?Helmut Achtermann: Damit die Personen, die aktuell keinen Krankenversicherungsschutz haben, in das System der Krankenversicherung zurückkehren können, mussten gesetzliche Grundlagen geschaffen werden. Dies ist durch das zum 1. April in Kraft getretene Wettbewerbsstärkungsgesetz geschehen. Zum aktuellen Zeitpunkt haben daher alle, die nicht krankenversichert sind, die Möglichkeit, wieder Mitglied einer Krankenversicherung zu werden.

Kann man sich nur gesetzlich oder auch privat versichern?Helmut Achtermann: Das hängt davon ab, wie man versichert war, bevor der Versicherungsschutz erloschen ist. War jemand vorher gesetzlich versichert, wird er wieder Mitglied dieser Krankenversicherung und zwar in der Krankenkasse, bei der er auch zuvor versichert war. War jemand privat versichert, ist er auch wieder der privaten Krankenversicherung zuzurechnen. Hierfür müssen die privaten Krankenversicherer einen Standardtarif ohne Risikozuschläge und Leistungsausschlüsse anbieten. Bei Personen, die zeitlebens noch nicht krankenversichert waren, wird geprüft, ob sie dem Kreis der gesetzlichen oder privaten Krankenversicherung angehören. Innerhalb der gesetzlichen oder privaten Krankenversicherung können diese dann ihre Kasse frei wählen. In diesem Zusammenhang ist wichtig zu wissen, dass sich Personen, für die Versicherungspflicht in der gesetzlichen Krankenversicherung besteht, seit dem 1. April versichern müssen.

Welche Kassen müssen eigentlich bisherige Nicht-Mitglieder aufnehmen und wie sieht es mit den Selbstständigen aus?Helmut Achtermann: Alle Krankenversicherungen sind verpflichtet, ehemalige Mitglieder und bisher überhaupt nicht Versicherte aufzunehmen. Selbstständige sind in der Regel der privaten Krankenversicherung zuzurechnen.

Was passiert, wenn die Versicherungspflicht ignoriert wird?Helmut Achtermann: Alle Personen, die zurzeit nicht krankenversichert sind, müssen selbst aktiv werden und sich an die Kasse wenden, bei der sie zuletzt versichert waren. Wird die Versicherungspflicht ignoriert und meldet sich jemand, der nicht krankenversichert ist, beispielsweise erst, wenn er eine Krankenhausleistung in Anspruch nehmen will, kann jede Kasse auf Grundlage ihrer Satzung entscheiden, ob sie die Beiträge ab dem 1. April 2007 rückwirkend einfordert.

Wer seine Beiträge nicht zahlt, hat keinen Anspruch auf die Leistungen seiner Kasse. Wie sieht es jedoch mit unaufschiebbaren Behandlungen aus?Helmut Achtermann: Leistungen bei akuten Erkrankungen und Schmerzzuständen sowie bei Schwangerschaft und Mutterschaft werden übernommen. Der Leistungsanspruch ruht nur bei »planbaren« Erkrankungen. Für den nicht gezahlten Beitrag wird ein Mahnverfahren eingeleitet, das im Ernstfall auch eine Pfändung des geschuldeten Betrages einschließlich angefallener Säumniszuschläge nach sich zieht.

Artikel vom 20.04.2007