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Vom Freund vor die Stadtbahn gestoßen

Tödlicher Unfall vom vergangenen Samstag ist aufgeklärt - 17-Jähriger legt Geständnis ab

Von Jens Heinze
Bielefeld (WB). Der Tod des 16 Jahre alten Igor S. ist aufgeklärt. Ein Freund (17) hat bei der Polizei gestanden, vergangenen Samstagabend versehentlich bei einer Rangelei den jungen Deutsch-Kasachen aus Baumheide an der Haltestelle »Schüco« vor eine Stadtbahn gestoßen zu haben. Täter und Opfer waren angetrunken.

Wie berichtet, war Igor S. zwischen einem etwa 35 Tonnen schweren Waggon des anfahrenden Zuges und dem Hochbahnsteig eingeklemmt worden. Der alarmierte Notarzt konnte den Neuntklässler der Brodhagenschule nicht mehr retten - Igor S. verblutete auf dem Weg ins Krankenhaus. Der ermittelnde Staatsanwalt Hans-Dieter Heidbrede kündigte gestern an, gegen den geständigen Täter vor einem Jugendrichter Anklage wegen fahrlässiger Tötung erheben zu wollen.
»Es war einfach ein tragischer Unglücksfall«, stellte Polizeisprecher Martin Schultz gestern klar, dass der 17-Jährige seinen fast gleichaltrigen Freund nicht bewusst vor die Stadtbahn stoßen wollte. Offenbar nach einem Zechgelage in Baumheide waren Igor S. und der 17-Jährige sowie zwei weitere junge Männer (24 und 28 Jahre alt) mit der Linie 2 zur Herforder Straße gefahren. Polizeisprecher Schultz: »Von dort aus sollte es zu einem der Freunde gehen, der in der Nähe der Haltestelle "Schüco" wohnt.«
Doch der Weg des Quartetts (die vier jungen Männer stammen alle aus der ehemaligen Sowjetunion) endete auf dem Hochbahnsteig. Unmittelbar nach Verlassen der Stadtbahn muss es zur tödlichen Rangelei gekommen sein.
Igor S., so ergaben die Ermittlungen der Polizei, fiel nach einem Stoß des 17-Jährigen zwischen Zugwagen und Anhänger der anfahrenden Linie 2 auf die Gleise. Der Stadtbahnfahrer (41), der sich zu diesem Zeitpunkt bereits in der Rechtskurve von der Haltestelle zur Mitte der Herforder Straße befand, konnte nicht mehr sehen, dass der 16-Jährige vom zweiten Waggon erfasst wurde. Verzweifelte Rettungsversuche der drei Freunde von Igor S. blieben erfolglos - der Deutsch-Kasache wurde zwischen Zug und Hochbahnsteig zerquetscht. Die Stadtbahn war erst zum Stehen gekommen, nachdem ein Fahrgast die Notbremse gezogen hatte.
Am Banater Weg in Baumheide, wo Igor S. seit April vergangenen Jahres in einem Acht-Parteien-Haus mit Mutter, Vater und Schwester (19) gelebt hatte, herrschten gestern Trauer und Verzweifelung über den Tod des 16-Jährigen. »Er war so ein fröhlicher und freundlicher Junge«, hieß es von der Familie, die erst seit September 2005 in Deutschland lebt. Igor S., der kommenden Donnerstag auf dem Friedhof Brake beigesetzt werden soll, habe nach dem Abschluss der Brodhagenschule eine Lehre im Metallhandwerk anfangen wollen.

Artikel vom 17.04.2007