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Weniger Zeit in Bus und Brummi

Spediteure und Busunternehmer beziehen Stellung zu neuem EU-Gesetz

Von Stefanie Hennigs
Versmold (WB). Nach 15 Stunden am Tag und nach sechs Tagen am Stück ist »Schicht«: Wegen der neuen EU-Regelung für Berufskraftfahrer müssen auch die Versmolder Speditionen und Busreiseunternehmen umdenken -Êund sich mit den Konsequenzen arrangieren.

»Die Verkehre werden verlangsamt, es steht noch weniger Laderaum zur Verfügung. Damit steigen die Preise -Êletztendlich auch für die Verbraucher«, lautet Speditions-Unternehmer Ralf Brüggenwerths Fazit der seit vorgestern EU-weit geltenden neuen Lenk- und Ruhezeiten, die mehr Sicherheit auf die Straße bringen sollen. Möglicherweise würden auch neue Arbeitsplätze entstehen.
Was die Vorschrift »Maximal 56 Stunden Fahrzeit pro Woche, dazu mindestens neun Stunden Pause innerhalb von 24 Stunden« für die Fahrer konkret bedeutet, weiß Brüggenwerth nur zu gut: »Auch sie sind nicht begeistert. Denn diese Freizeit verbringen sie nicht zu Hause, sondern an überfüllten Rastplätzen.« Hier sei der zweite Schritt vor dem ersten gemacht worden: »Man müsste zunächst Möglichkeiten schaffen, damit die Fahrer ihre Pausen auch machen können.«
Generell ist er davon überzeugt, dass die strengeren Vorschriften durchaus mehr Sicherheit auf die Straße bringen dürften: Denn viele Unfälle passieren, weil Fahrer übermüdet sind. »Vielleicht sollte man dann jedoch darüber nachdenken, die Wochenarbeitszeit zu kürzen und es bei der bisherigen Pausenregelung zu belassen.«
Auch wenn der Linienverkehr von den neuen Regelungen weniger betroffen ist, hat das neue Gesetz für die heimischen Busunternehmen Konsequenzen. »Wir werden die Vorgaben natürlich rigoros einhalten«, sind sich Robert Orth vom Reisedienst Orth und Ingo Kehl vom Reiseunternehmen Sieckendiek einig. Das bedeutet: Bei Mehrtagesfahrten bleibt der Bus am siebten Tag auf dem Parkplatz stehen. »Dies ist aber eine reine Organisationsfrage«, versichert Kehl. »Für die Kunden ist es nicht angenehm, dass der Bus einen Tag nicht zur Verfügung steht. Aber es ist kein Grund, die Reise teurer zu machen.«
»Die Gäste haben dann beispielsweise die Möglichkeit, einen Tag in Eigenregie zu gestalten oder wir mieten einen örtlichen Fahrer an«, nennt Robert Orth eine weitere Möglichkeit, auf die »Sechs Tage fahren, ein kompletter Tag Pause«-Regelung zu reagieren. Das neue EU-Gesetz tue den Unternehmen eher bei Tagesfahrten weh, berichtet Ingo Kehl. »Durch die vorgeschriebenen neun statt acht Stunden Ruhezeit bleibt eine Schichtzeit von 15 Stunden übrig. Und diese eine Stunde macht sich arg bemerkbar.«
So werde jetzt beispielsweise bei einer Fahrt zu einem Turnier nach Offenbach, bei dem die Gäste früh da sein müssten, für die Rückfahrt ein Ablösefahrer benötigt. »Dieser fährt dem anderen Fahrer entgegen, um ihn abzulösen oder ist gleich von Anfang an als zweiter Fahrer mit dabei«, erklärt Kehl. Einige Male habe man dies bei ausgeschriebenen Fahrten schon berücksichtigen müssen. »Wir erklären es unseren Kunden schon im Vorfeld. Doch dies stößt auf Verständnis.« Die gleiche Erfahrung hat auch Robert Orth gemacht. »Vielleicht bereinigt diese Neuregelung langfristig auch den Markt und sorgt dafür, dass sich die Spreu vom Weizen trennt«, sieht der Busunternehmer nicht nur Nachteile durch die Neuregelung.

Artikel vom 13.04.2007