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Spitzenreiter wirft Trainer raus

Frühjahr 1987: Gerd Tubbesing bei Spvg. Versmold auf der Abschussliste

Versmold (HHS). Wer einen leibhaftigen Weltauswahl-Spieler in seinen Reihen und auch sonst auf dem »Transfermarkt« gehörig zugeschlagen hat, für den ist selbst der erste Platz nicht genug. »Heute vor 20 Jahren« entlässt Handball-Oberligist Spvg. Versmold seinen Trainer Gerd Tubbesing.

Der Wertheraner, der übrigens just an diesem Wochenende auf die Bank bei der Reserve seines TV zurückkehren wird, hat im Frühjahr 1987 in Versmold einen schweren Stand. Mit einer satten Mehrheit von 80 Prozent spricht sich die Mannschaft nach der ersten Auswärtsniederlage der Saison beim TV Lenzinghausen gegen ihren Coach aus - und der Vorstand folgt diesem Votum. »Mit der Zeit hat sich erwiesen, dass Trainer und Mannschaft nicht zusammenpassen«, erklärt Abteilungschef Lothar Greshake an dem Tag, als das WESTFALEN-BLATT exklusiv verkündet, was die Spatzen schon von den Dächern pfeifen. »Fachlich haben wir ihm mit Blick auf die Vorbereitung nichts vorzuwerfen. Aber während der Spiele wurde auch deutlich, dass von der Bank zu viel Unruhe und zu wenige klare taktische Anweisungen kamen.«
Acht Spieltage vor Saisonende hat Eintracht Dortmund zum Spitzenreiter aufgeschlossen. Nach der Verpflichtung des tschechoslowakischen Nationalspielers Jaroslav Papiernik, des Bielefelder Kreisläufers Klaus Ludwigs oder der Jahr-Brüder hatte in der Fleischstadt eigentlich jeder mit der Fortsetzung des Durchmarsches gerechnet, der die Spvg. in zwei Jahren von der Landes- in die Oberliga geführt hatte. Der Zustand der Mannschaft lässt jedoch ernste Zweifel am Gelingen dieses Vorhabens aufkommen. Selbst Konkurrenten wie Lenzinghausens Coach Uli Brennemann kritisieren den Tabellenführer öffentlich: »Die Mannschaft lebt zu sehr von Einzelaktionen.«
Für Gerd Tubbesing kommt seine Entlassung nicht überraschend. Eine Personalie bei einem andere Verein hatte ihn schon vor einiger Zeit aufhorchen lassen: »Diese Entwicklung war spürbar, seit sich abzeichnete, dass Willi Möhle zum Ende der Saison in Nettelstedt nicht mehr weitermachen würde.« Der Ex-Trainer habe insbesondere unter den »alten« Spielern noch immer eine starke Lobby.
Der neue »sportliche Berater« Möhle wird zusammen mit Udo Heuer nur einen Tag nach Tubbesings Rauswurfs als künftiges Führungsduo vorgestellt. Heuer kommt vom TuS Lerbeck und soll bis zum Saisonende das Team trainieren. Auch der designierte neue Abteilungsleiter, Dr. Willi Janzen, unterstützt die Maßnahmen, denn »wir wollen und müssen in dieser Saison aufsteigen«.
Wie schwer dieses Unterfangen in den kommenden Wochen werden soll, zeigt sich bereits beim ersten Auftritt von Heuer/Möhle. Gegen TV Sachsenroß Hille verliert Spvg. das Heimspiel und den ersten Platz. Obendrein meldet der Gast eigene Ansprüche an: »Nach diesem Sieg ist die Meisterschaft wieder völlig offen, und wir sind mittendrin.« Die Aussage von Hilles Spielertrainer soll sich später als kluge Prognose erweisen. Kein Wunder, der Mann kennt sich aus: Weltmeister »Jimmy« Waltke.

Artikel vom 12.04.2007