11.04.2007 Artikelansicht
Ausschnitt Zeitungsausschnitt
Drucken Drucken

 

Kunst verbindet Jung und Alt

Projekte mit Schule und Altenheim: Jutta Vocke bringt Generationen zusammen

Von Melanie Adelt
Steinhagen (WB). Noch vor einigen Jahren war es ganz normal, dass mehrere Generationen unter einem Dach lebten. Heute sehen viele kleine Kinder ihre Großeltern nur noch selten, vor allem, wenn sie im Altenheim leben. Ein Missstand, findet Jutta Vocke. Sie arbeitet sowohl im Altenheim als auch in der Grundschule und wünscht sich, dass die Generationen wieder näher zusammenrücken.

Erst jüngst ist der Steinhagenerin das gelungen. Zusammen mit den Kindern, die sie in der Offenen Ganztagsschule Amshausen betreut, besuchte sie das Altenzentrum Matthias-Claudius-Haus. Der Anlass war ein ganz besonderer. Sowohl mit den Kindern als auch mit den älteren Leuten hatte Jutta Vocke über Monate hinweg an einem Kunstwerk gearbeitet. Aus dünner Filzwolle entstand in spannender Kleinarbeit ein Teppich, zusammengesetzt aus vielen bunten Quadraten. »Eine Arbeit, die beiden Generationen einen Heidenspaß gemacht hat«, freut sich Jutta Vocke. Und weil sie Alt und Jung nicht schon während des Arbeitsprozesses zusammenbringen konnte, erzählte sie den Kindern immer wieder davon, wie sie auch mit den Heimbewohnern am Teppich gearbeitet hatte.
Kinder, weiß Jutta Vocke, sind gegenüber vielen Dingen sehr aufgeschlossen und haben keine Schwellenängste. »Auch wenn einige von ihnen noch nie in einem Altenheim waren, hatten sie keine Scheu.« Im Gegenteil: Sie stellten ganz offen ihre Fragen, die ihnen spontan in den Sinn kamen: »Warum sitzt die Frau im Rollstuhl?« oder »Warum zittert der Mann so?« Dass die Mädchen und Jungen vor ihrem Besuch im Matthias-Claudius-Haus aufgeregt waren, lag wohl eher daran, dass sie einen Tanz einstudiert hatten, den sie den Bewohnern zeigen wollten.
»Früher waren wir viel öfter hier zu Besuch und haben Bastelarbeiten vorbeigebracht«, erinnert sich auch Amshausens Schulleiterin Annette Hellmann. Da aber laut Schulgesetz inzwischen kein Unterricht mehr ausfallen darf, ist es Lehrern und Schülern nicht erlaubt, während der Unterrichtszeit die Schule zu verlassen. »Das macht solche Besuche natürlich sehr schwierig«, bedauert Annette Hellmann. Die Kinder aus der Offenen Ganztagsgrundschule haben da ein wenig mehr Spielraum, den Jutta Vocke auch in Zukunft gerne nutzen möchte. »Ich träume von einem Besuchsdienst, bei dem ich regelmäßig mit den Kindern ins Altenheim gehe.« Die Steinhagenerin empfindet das Zusammenführen von Generationen als Bereicherung für die Gesellschaft. »Die Kinder lernen etwas von den Älteren, die viel Lebenserfahrung und oft viel mehr Zeit als die berufstätigen Eltern haben.« Und die älteren Leute bräuchten hin und wieder einen Anreiz von der Jugend, »um mitten im Leben zu bleiben, sich gebraucht zu fühlen«.
Das Gemeinschaftsprojekt von Jung und Alt, der bunte Teppich, ist derzeit zusammen mit weiteren Kunstwerken der Kinder im Stillen Raum des Matthias-Claudius-Hauses zu sehen.

Artikel vom 11.04.2007