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Neues Mitglied musste
zwei Bürgen vorweisen

TC Blau-Weiß Halle feiert sein 50-jähriges Bestehen

Von Klaus-Peter Schillig
Halle (WB). In Zeiten etwas abflauenden Tennis-Booms kann man sich das kaum noch vorstellen: In den ersten Jahren des TC Blau-Weiß Halle musste man noch zwei Bürgen vorweisen, wollte man in dem »ziemlich vornehmen« Verein Mitglied werden. Genau 50 Jahre sind vergangen seit der Gründung, »Urgestein« Horst Knoche hat mit dem WESTFALEN-BLATT in den Chroniken geblättert.
Horst Knoche (links) und TC-Pressesprecher Frank Hofen stöbern mit viel Spaß in den Chroniken aus den Gründerjahren des TC Blau-Weiß.

Sogar in den Nachbarorten wurde der Haller Verein als etwas abgehoben beäugt. In Versmold, berichtet Horst Knoche, soll sich hartnäckig das Gerücht gehalten haben, man dürfe beim TC Blau-Weiß nur Mitglied werden, wenn man nicht in der Küche frühstücken müsse, sondern über ein extra Esszimmer verfüge. Aber so elitär ging es nun wirklich nicht zu, nachdem am 2. Mai 1957 34 Haller den TC im Bahnhofshotel Windmöller aus der Taufe gehoben hatten. Der junge Verein hatte noch nicht einmal eigene Plätze, spielte als Gast in Rothenfelde und verbrachte den »vierten Satz« meist auf der Rückfahrt in der Gaststätte »Palsterkamp« bei Dissen.
Erst 1958 unterbreitete Wilken Kisker den weißen Sportlern das Angebot, im Garten des »Hotels Brune« für eine reine Anerkennungspacht zwei Plätze anzulegen. Die angrenzenden Garagen verwandelten die Mitglieder mit viel Eigenarbeit in Geräteraum, Toiletten, Duschen, Umkleiden und einen Clubraum - »mit versenkbarer Scheibe«, wie sich Horst Knoche noch heute detailreich erinnert.
Der 75-jährige ist neben Ellen Unterhalt und Erich Endruweit einer von drei noch lebenden Gründungsmitgliedern, gehörte als Kassenwart mehrere Jahre zum Vorstand und feierte auch kleinere sportliche Erfolge bei den Vereinsmeisterschaften. Sein Verdienst ist es vor allem, dass die Vereinschronik übersichtlich zusammengestellt worden ist, teilweise sogar gebunden.
Es ist aber gar nicht so sehr der Sport, der Horst Knoche mit glänzenden Augen zurückblicken lässt, sondern die vielen kleinen Anekdoten am Rande, die stetige Aufwärtsentwicklung sowie die phantasievollen Kostümfeste bei Brune und später im Schloss Holtfeld. Die Tennisanlage hinter Brune war bis in die späten 70er Jahre gesellschaftlicher Mittelpunkt des Vereinslebens. Die Terrasse vor dem Clubraum, ausgestattet mit einem selbst gebauten offenen Grillkamin, war für viele Mitglieder, so Horst Knoche, wie ein zweites Wohnzimmer. Dabei war auch immer immer wieder Sparsamkeit Trumpf. Als der dritte Platz dazu gepachtet werden musste, tränten den Mitgliedern ob der (regulären) Kosten fast die Augen. Im heißen Sommer 1959 musste sogar am Wasser gespart werden, wenn der Platzwart nach dem Eintauchen der Messlatte in den Brunnen befand, dass das Wasser nur noch für das Wässern reichte. Das Duschen musste dann sofort eingestellt werden. Apropos Duschen: Der mit Propangas betriebene Durchlauferhitzer versorgte Herren- und Damen gleichermaßen - nach Einwurf von 50 Pfennig. Ganz sparsame Paare schafften es sogar, sich eine Heißwasserration zu teilen. Er ging schon unter der Dusche in Position, sie steckte auf Zuruf die 50 Pfennig in den Automaten, zog sich blitzschnell aus und bekam ein Klopfzeichen, wenn er fertig war und sie beginnen konnte.
An der Gartenstraße wurde es allerdings bald zu eng für den wachsenden Verein. Die Stadt stellte am Mühlenweg neben der Osningkampfbahn Gelände für weitere Plätze zur Verfügung. Einige der inzwischen 320 Mitglieder murrten zwar ob der vorübergehenden Zweiteilung ihrer Anlage, stimmten aber schließlich für den Neubau. Am 30. Juni 1978 waren die ersten vier Plätze fertig, am 4. Oktober 1980 wurde das neue Clubhaus von Club-Präsident Dr. Geert Andersen eingeweiht. Der »Nimm-zwei-Erfinder« gehörte in die Reihe bekannter Namen wie Ohling, Mierig, Wilken Kisker oder Karl-Werner Ferber und war der direkte Vorgänger von Gerd Weber, der seit 1983 den Verein führt.
Unter Webers Regie erfolgte übrigens der letzte Umzug. Um die auf zehn Plätze gewachsene Anlage am Mühlenweg gab es ständigen Ärger mit Anliegern, ein Platz musste sogar für Lärmschutzmaßnahmen geopfert werden, die Zufahrt war nur noch über die Weidenstraße möglich. Bedingt auch durch den sportlichen Höhenflug baute sich der Verein an der Weststraße ein bundesliga-taugliches Domizil - (fast) ohne Nachbarschaftsstress.
Zum sportlichen Werdegang lesen Sie auch die Sonderseite im Lokalsport

Artikel vom 11.04.2007