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Wie lange schaut die arabisch-islamische Welt dem Treiben in Teheran noch zu?

Leitartikel
Irans Präsident

Pokerspiel
falsch
verstanden


Von Dirk Schröder
Irans unberechenbarer Präsident Mahmud Ahmadinedschad scheint Gefallen gefunden zu haben am Pokerspiel um die verhafteten 15 britischen Marinesoldaten. Anders ist kaum zu erklären, dass er das zurückhaltende Vorgehen der britischen Regierung mit immer neuen Provokationen beantwortet.
Der Reihe nach demütigt er seine Gefangenen und führt sie im Fernsehen vor. Mittlerweile hat er von jedem der 15 Seeleute ein Geständnis erpresst.
Aber nicht genug damit. Am Wochenende schleuderten Demonstranten Molotow-Cocktails gegen die britische Botschaft in Teheran, forderten den Tod der Gefangenen und der gesamten britischen Nation gleich mit. Niemand sollte glauben, hier entlade sich spontaner Ärger über die angebliche Verletzung der iranischen Hoheitsgewässer. Hinter den Kulissen führen auch bei diesen gewaltsamen Protesten Ahmadinedschad und seine Hardliner Regie - und die Sicherheitskräfte schauen zu.
Der iranische Präsident gewinnt zunehmend Gefallen daran, die internationale Gemeinschaft an der Nase herumzuführen. Und die bisherige verbale Abschreckung der Europäischen Union verfehlt ihre Wirkung vollends.
Die EU will, wie es Chefdiplomat Javier Solana nichtssagend formulierte, angemessene Maßnahmen gegen Iran ergreifen, wenn das Regime sich einer Lösung weiter verschließt. Bundeskanzlerin Angela Merkel begrüßte dies gar als »starkes Signal« der EU in Richtung Teheran.
Welches Signal? Statt einmal deutlich zu werden, bleibt weiter alles im Unklaren. Dies ist nicht der Weg, mit dem die EU politische Stärke demonstriert.
Natürlich kann und sollte die Alternative keine Militäraktion sein. Es gibt aber schon eine Reihe konkreter Maßnahmen, die Europa ergreifen könnte, ohne vorher Russland oder China um Erlaubnis zu fragen. Wirtschaftliche und politische Isolation sind zwei davon, die die bisher noch starke innenpolitische Stellung Ahmadinedschad erschüttern könnten. Die internationale Gemeinschaft sollte sich nicht abschrecken lassen, wenn der Iran als Antwort mit dem Stopp der Öl-Exporte droht. Auf lange Sicht schadet das Land sich damit selbst.
Es ist zudem nicht so, dass alle Iraner hinter dem Konfrontationskurs des irren Präsidenten stehen, den dieser auch im Atom-Streit fährt. Viele bedauern, dass sie ihm bei den Wahlen seinerzeit ihre Stimme gegeben haben.
Zwar hat der saudische König beim Treffen mit Ahmadinedschad nicht mit deutlichen Worten gespart. Doch wie lange schaut die arabisch-islamische Welt dem Treiben noch zu? Eine spannende Frage, denn mit seiner Eskalationspolitik, mit seinem Einmischen im Irak durchkreuzt der Iran auch deren Interessen.
Wichtig wird auch sein, dass sich die USA weiterhin zurückhalten, um den Konflikt nicht zusätzlich anzuheizen. Dann wird Ahmadinedschad vielleicht schon bald feststellen, dass auch beim Pokerspiel letztendlich der gewinnt, der die besseren Karten hat.

Artikel vom 03.04.2007