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Die Chancen auf einen Schulwechsel erhöhen

Hauptschulen sollten sich auf die Vermittlung der Kernkompetenzen konzentrieren

Die Rütli-Hauptschule in Berlin-Neukölln erlangte traurige Berühmtheit durch den Hilferuf der dortigen Lehrer an die Politik.Foto: dpa

Zum WESTFALEN-BLATT-Forum »Hauptschule«:
Die Probleme der Hauptschule lassen sich nicht durch ihre Abschaffung lösen. Denn sie führt keineswegs zur Abschaffung des Hauptschülers. Wer heute schon Probleme hat, den Hauptschulabschluss zu erwerben, wird erst recht keinen mittleren Bildungsabschluss erreichen, es sei denn, man senkt die Anforderung so weit, dass der Realschulabschluss völlig entwertet würde. Dies kann nicht das Ziel einer verantwortlichen, auf Chancengleichheit ausgerichteten Schulpolitik sein.
Unterschiedlichen Begabungen wird man nicht gerecht, indem alle Schüler den gleichen Unterricht erhalten, sondern für Hauptschüler müsste an die Stelle des Aneignens von abstraktem fachbezogenen Wissen im 45-Minuten-Takt ein Unterricht treten, der fachliche Lerninhalte mit der Lebenswelt der Schülerinnen und Schülern verbindet und durch reale Erfahrungen den Erwerb von Fachwissen ermöglicht.
Anders als etwa Gymnasiasten müssen meines Erachtens Hauptschüler keineswegs entlang der wissenschaftlichen Systematik ihrer Unterrichtsfächer lernen. Die oftmals heterogene Schülerschaft der Hauptschule erfordert kleine Klassen, die es ermöglichen, einerseits Schwächen durch individuelle Förderung aufzuarbeiten und andererseits Talente zu entdecken und starken Schülern zusätzliche Lernanreize zu bieten.
Zudem sollte sich die Hauptschule auf die Vermittlung der Kernkompetenzen Lesen, Rechnen, Schreiben und Grundlagen in Englisch in Form von kleinen, leistungshomogenen intensiven Kursen konzentrieren, denn ausdifferenzierte Lernpläne mit umfangreichen Fächern sind wertlos, wenn Betriebe zu Recht beklagen, dass viele Hauptschulabsolventen nicht richtig rechnen und schreiben könnten und größte Probleme hätten, Texte zu verstehen.
Natürlich müssten die Schulsozialarbeit und die Zusammenarbeit mit psychosozialen Beratungsstellen erheblich verstärkt werden. Und die Durchlässigkeit für höhere Abschlüsse muss gewährleistet bleiben. Die Wechselchance eines erfolgreichen Hauptschülers auf die Realschule oder auch auf das Gymnasium kann durch eine individuelle Förderung deutlich erhöht werden.
Schwächere Schüler dürfen nicht auf der Strecke bleiben, sondern müssen genauso gefördert werden wie starke Schüler. Dies kann nur in einem differenzierten Schulsystem geleistet werden, das Rücksicht nimmt auf unterschiedliche Begabungen und unterschiedlichem Lernverhalten.
JOSEF SCHRECKENBERG33142 Büren-Steinhausen

Artikel vom 19.04.2007