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Piumer spielt in RTL-Gerichtsshow mit

Alexander Heim berichtet über seine Erfahrungen bei »Das Strafgericht« - Freitag Sendetermin

Borgholzhausen/Köln (WB). »Gerichtsshows. Wer guckt schon Gerichtsshows? Das ist doch eh alles nur gestellt. Und mächtig übertrieben. Viel Lärm, meistens um nichts. Gerichtsshows gucken - ich doch nicht. Auch, wenn ich Barbara Salesch ebenso gut kenne wie Alexander Hold oder Ruth Hertz - Ich gucke Gerichtsshows (eigentlich) nicht. Aber jetzt habe ich bei der RTL-Serie ÝDas StrafgerichtÜ sogar mitgespielt.« Ein Erfahrungsbericht des Piumers Alexander Heim, der freiberuflich für das WESTFALEN-BLATT tätig ist.

Ja, ich gebe es zu: Vor drei Jahren war ich zu einem Casting gelaufen. Neugierig auf die Dinge, die da kommen. Viele Gesichter, viele Altersgruppen. »Bitte hier herein, so, vor die Kamera - und schreien Sie den Satz, den Sie lernen sollten, bitte einmal so laut Sie können. Danke, der nächste bitte«. Vor fünf Wochen nun klingelte das Telefon: »Wir haben eine Rolle für Sie - haben Sie Interesse?«. Die Stimme der Redakteurin klang jung. Es sei nur eine Voranfrage, erklärte mir Tanja Romer. Schließlich seien mehrere Kandidaten für die Figur des vierten Zeugen im Gespräch. Ein Pädagogik-Lehrer. Auf meinem Gesicht zeichnete sich - ich konnte es kaum verhindern - ein ungläubiges Grinsen ab.
Kein Mord, kein Totschlag, kein Rotlichtmilieu, allerdings: Handlungsort ist Gütersloh. Ich erfuhr eine Zusage. Terminabsprachen. Zugemailte Drehbücher. Und die Infos darüber, wer mich wann noch anzurufen versuchen wollen würde. Und nun saß ich da, im Aufenthaltsraum der Produktionsfirma Mediabolo TV, die im Auftrag der Constantin Entertainment das Strafgericht dreht. Redaktionsassistentin Bianca huscht mal rein ins Zimmer und mal raus, fragt sich und uns regelmäßig, wem sie schon gesagt hat, dass er oder sie zu Kostümanprobe, Maske oder Briefing gehen soll. Hektik im Anzug, immer alle drei Aufzeichnungen des Tages im Blick. Und gut vor der Tür postiert, damit keiner »den Saal verlässt, ohne Bescheid zu sagen«.
An ihr führt kein Weg vorbei. Zusammen mit Tanja Romer koordiniert sie, wann sich Richter Ulrich Wetzel vorstellt, um uns die Angst vor der schwarzen Robe zu nehmen und wann die Regisseurin noch einmal Kostüme und Aussehen begutachtet. »Aha«, denke ich mir: »Gesichtskontrolle«. Inzwischen weiß ich, dass der Typ, der meinen Bruder mimt (und dem ich so gar nicht ähnlich sehe) aus Koblenz angereist ist. »Meine« Schwägerin sogar aus Hamburg. Clarissa heißt sie und spielt nicht zum ersten Mal für's Fernsehen. Kein Wunder: Sie ist Schauspielschülerin. Clarissa ist es, die mir den Tag kurzweilig werden lässt. »Lass uns noch mal den Text durchgehen«, hat sie DIE Idee schlechthin, sich die Zeit vom Eintreffen in den Studios in Köln-Ossendorf - um acht Uhr morgens - bis zur Aufzeichnung um 16 Uhr zu verkürzen. Der andere ist Norbert, eigentlich mein Gegenspieler. Aber solange wir nicht im Gerichtssaal sitzen, können wir ja auch mal gemeinsam singen.
Gegen zwölf Uhr werfen wir endlich einen ersten Blick auf den Ort des Geschehens. Tonprobe. Mikro und Sender werden an mir fest gemacht. »Einmal laut reden, einmal bitte leise«. Die Techniker pegeln mich ein. Hier also werde ich gleich aussagen. Meinen Text zum Besten geben. Mein Gott - kann ich den überhaupt noch? Drei Stunden später sitze ich hinter der Tür, durch die ich zum Zeugenstand schreiten werde. Keine große Sache. Schnell gemacht. Doch vorher kommt meine »Nichte« durch dieselbe Tür zu mir auf den Flur gelaufen. Stürmisch. Zu stürmisch. Die Tür fliegt auf - aber sie geht nicht mehr zu. Die Szene drehen wir gleich vier Mal. Und weil der Angeklagte und sein Verteidiger, Rechtsanwalt Carlos A. Gebauer, sich nicht mit dem Einsatz einig werden, setzen wir Take fünf, sechs und sieben gleich hinten dran. Ich sitze vor dieser Tür - und frage mich allmählich, ob es wohl am Getränke-Automaten auch Baldriantee gibt.
»Wir hören jetzt den Zeugen Ulf Böke« - mein Stichwort. Ich wanke selbstbewusst zum Zeugenstuhl - und bin mittendrin. »Komisch«, denke ich mir, »bei seiner Vorstellung wirkte Ulrich Wetzel viel sportlicher und dynamischer, gar nicht so konservativ und bedächtig, wie hinter seinem Richtertisch«. Da möchte ich doch auch gerne mal sitzen. Hinterher. Erst stehen die Dialoge im Mittelpunkt. Schlagabtausch hier, Verzweiflung da. Ich bin Lehrer und Zeuge vor Gericht und muss die Wahrheit sagen. Ob ich's auch wirklich mache? Stille Wasser können bekanntlich tief sein. Auflösung hier? Keine Chance! Wer's wissen will, muss am Freitag um 14 Uhr »Das Strafgericht« schauen. Und das gestehe ich hier: Ich tu's auch.

Artikel vom 29.03.2007