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»Power-Ernst« wohnt in Haller Suite

Vor dem BVB-Spiel: Middendorp über Taktik, Team und ein (Geheim)-Treffen

Von André Best
Halle (WB). War es nur ein »ganz normales« Treffen dreier guter Bekannter oder steckt mehr dahinter? Dienstag, 18.30 Uhr, Gerry Weber Sportpark Hotel in Halle: Arminias neuer Trainer Ernst Middendorp, Ex-Coach Thomas von Heesen und Spielerberater Roland Kopp verschwinden zu »Geheim«-Gesprächen in einen Besprechungsraum.

Arminias neuer Trainer ist derzeit der prominenteste Gast im Gerry Weber Sportpark Hotel. Im Haller Vier-Sterne-Haus hat »Power-Ernst« eine der fünf Suiten bezogen. Eleganter Anzug, modernes Hemd. In der einen Hand zwei Handys (eins für Auslandsgespräche, eins für deutsche), in der anderen einen Alu-Aktenkoffer. Ernst Middendorp wirkt nach einem weiteren 14 Stunden-Tag in Diensten des DSC Arminia Bielefeld angespannt, aber hochkonzentriert. »Es wird knistern am Freitagabend. Ich erwarte ein echtes Finale, das jede Sekunde spannend sein wird«, sagt Middendorp mit tiefer Stimme.
Zu dem Treffen mit von Heesen und Kopp meint Middendorp: »Wir haben uns nur ausgetauscht. Das ist ganz normal.« Mehr verrät er nicht. Wer »Power-Ernst« kennt, weiß jedoch, dass er sich nicht zum Kaffeetrinken mit von Heesen und Kopp trifft. Ob es bereits um neue Spieler ging oder gar ein neues Engagement beim DSC - das alles lassen die Beteiligten offen. Fest steht nur, dass Thomas von Heesen und Ernst Middendorp sich schätzen und mögen, seit Jahren befreundet sind. »Ich würde gerne mit Ernst zusammenarbeiten. Wir sind auf einer Wellenlänge«, hatte von Heesen zuletzt immer wieder betont.
Exklusivgespräch mit dem WESTFALEN-BLATT vor dem Krimi gegen Dortmund. »Es wird personell Überraschungen geben«, kündigt der 48-Jährige an. Welche, das ließ er offen. »Vielleicht wird einer auflaufen, der noch nie gespielt hat.« Middendorp ist bekannt für Überraschungen. Und er lässt ein neues System spielen. Offensiver wird es sein, vielleicht sogar mit mehr als zwei Stürmern und stark geprägt vom Spiel über die Außenpositionen - diesen Fußball favorisiert Middendorp schon seit Jahren.
Um 6.30 Uhr klingelt sein Wecker jeden Morgen im Vier-Sterne-Hotel in Halle. Kurzes Frühstück ohne Zeitungslektüre (»das lenkt nur ab«), ein Orangensaft - und auf geht's zum Arminia-Office. So nennt Middendorp sein Büro. Nur hier und nicht auf dem Hotelzimmer liegen seine Aufzeichnungen, taktischen Varianten und Analysen. Abends um 21 Uhr ist Middendorp meist wieder im Hotel. Abendessen, ein Gläschen südafrikanischer Chardonnay - so versüßt Middendorp sich den Abend. Den Wellness-Bereich hat der Trainer bislang nur ein einziges Mal gesehen. Dafür hat ihn Gerhard Weber persönlich im Hotel begrüßt und ihm »alles Gute für den Nicht-Abstieg« gewünscht.
Mittelfristig möchte der DSC-Trainer nach Bielefeld ziehen, um noch näher dran zu sein am DSC. Seine Frau und seine zwei Töchter wohnen nach wie vor in Rheine.
Middendorp ist ein akribischer Arbeiter. Der Trainer verfügt seit Jahren über eine Spieler-Datenbank, die einzigartig ist in der Fußball-Bundesliga. Hier trägt er jedes Detail tausender Spieler aus dem In- und Ausland ein. »Power-Ernst« verfügt weltweit über gute Kontakte. Middendorp drückt dies so aus: »Ich krieg den direkten Zugang zu Hans, nicht zu Hänschen«. Südafrikas Nationaltrainer Carlos Alberto Parreira ist natürlich auch im Handy gespeichert. Mit ihm hat er vereinbart, dass Sibusiso Zuma heute im Testspiel gegen Bolivien nicht über die volle Distanz geht. »So wäre er um 23.30 Uhr hier, könnte sich erholen«, sagt der DSC-Coach. Einsatz also am Freitagabend (Anpfiff 20.30 Uhr) nicht ausgeschlossen.
Bis dahin wird weiter hart gearbeitet beim DSC. Nach dem Aachen-Spiel hat es gekracht bei der Mannschaftsbesprechung. Keiner hat seitdem mehr einen Stammplatz. Bei »Power-Ernst« spielt eben nur der, der es (sich) verdient und der Leistung zeigt. Wer das sein wird, steht noch in den Sternen. Middendorp rechnet fest mit einem Sieg gegen den BVB. Und wenn nicht? »Mit diesem Thema beschäftige ich mich nicht. Ich bin DSC-Trainer.«

Artikel vom 28.03.2007