28.03.2007 Artikelansicht
Ausschnitt Zeitungsausschnitt
Drucken Drucken

 

Zeitungsschlagzeile
im Februar 2007

»Verzweifelte
Braunbären
paaren sich in Panik mit Eisbären.«

Leitartikel
Maskottchen, Klima, Politik

Puh, der Sigmar - Knut der Eisbär!


Von Rolf Dressler
Braunbär Bruno, der gebürtige Tiroler, das war einmal. Für ein paar kurze, heiße Sommerwochen 2006 tourte der Grenzgänger auch durch Bayerns Wälder und Auen. Dann beförderte ihn ein Fangschuss in die ewigen Jagdgründe. Gern hätte Umweltminister Sigmar Gabriel Brunos sterbliche Überreste dieser Tage an Italien übergeben - gedacht als freundschaftliche Geste unserer Bundeskanzlerin Angela Merkel, die derzeit die EU-Ratspräsidentschaft innehat.
Einer jedoch will da partout nicht mittun: Bruno soll im weiß-blauen Freistaat ausgestopft und ausgestellt werden und nirgendwo sonst, brummt bärig Bayerns Umweltressortchef Werner Schnappauf.
Überzuschnappen scheint die Nation nun aber gleich noch ein zweites Mal, seit unlängst ein Eisbär-Winzling namens Knut im Berliner Zoo das Licht der Welt erblickte. Eines freilich fiel dabei noch besonders auf: wie leichtfüßig der schwergewichtige Bundesumwelt-Aufseher und Klimakatastrophen-Guru Sigmar Gabriel auf die Begeisterungswelle aufsprang. Quoten-Knut als des Ministers Patenkind und CO2-Kampagnen-Maskottchen, wenn das kein Marketing-Schachzug vom Feinsten ist! Sowas bringt Punkte beim Publikum.
Knut'n Tag, Deutschland, träumst du noch - oder geht dieser Mini-Eisbär mit dir durch, geradewegs ins Weltuntergangsverderben? Kommt wieder zu euch, Leute, möchte man in die Runde rufen. Denn weder ist ein Sigmar Gabriel das Klima-Maß der Dinge noch gar der Gelddrucker Al Gore. Letzterer, vormals Vizepräsident der USA, lässt sich heute schmeichlerisch als Welt-»Klimapräsident« huldigen.
Und er zieht mit einer unsäglich destruktiven Parole durch Filmtheater und Vortragssäle: »Der Optimismus ist unser Untergang!« Soll heißen: Das Ende der Menschheit und der Erde naht. Punkt. Peng. Ende. Aus.
Dagegen nimmt sich das »Restrisiko Gabriel« noch milde aus: Er möchte die SPD zur einzig wahren Ökopartei machen, die Grünen verdrängen und dabei sich und die Welt neu erfinden, schrieb kürzlich »Die Zeit«, knüpfte daran allerdings auch die Frage , ob das nicht doch ein bisschen zu viel des Guten sei.
Umso erfreulicher, dass sich eine Gegendebatte entwickelt. Es wird höchste Zeit, weil andernfalls wir Bürger auf unabsehbare Zeit für womöglich horrende klimapolitische Fehlsteuerungen werden zahlen und zahlen müssen - vor allem mit Geld, das für anderes dringend und sehr konkret gebraucht wird.
Übrigens, vor 60 Jahren gab es gerade noch 5000 Eisbären, heute aber zählt die Gattung »Ursus maritimus« stolze 22000. Folgerichtig merkten die umwelterfahrenen »Welt«-Kolumnisten Dirk Maxeiner und Michael Miersch in einem ihrer famosen allwöchentlichen Beiträge ironisch an: »Wenn der Eisbär weiterhin in diesem Tempo ausstirbt, ist für 2050 mit 80000 Tieren zu rechnen. Die Lage verschärft sich also hochdramatisch...«
Knut bleibt in guter Gesellschaft - besonders unter seinesgleichen.

Artikel vom 28.03.2007