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Branchenwissen und
Zahlen sind A und O

Tipps auf dem Weg in die Selbstständigkeit

Altkreis Halle (WB). »Ein Viertel ist Idee, drei Viertel sind Wissen und Wollen.« Auf diesen kurzen Nenner bringt Johanna Reiter, Firmenkundenberaterin der Volksbank Halle, die Erfolgsformel für jede Existenzgründung. Im WESTFALEN-BLATT gibt sie Tipps für alle, die sich selbstständig machen wollen.

Die erste Frage sollte sein: Will ich das wirklich? Reiter: »Der Aufbau eines eigenen Unternehmens ist harte Arbeit. Da muss die Familie mitziehen, da muss man viel Durchhaltevermögen mitbringen.« Und dennoch mit den Kräften haushalten: »Wer sich zu viel zumutet, wird auch scheitern.«
Neben dem Wollen ist Wissen wichtig: »Ohne Branchen-Kenntnisse und kaufmännisches Grundwissen wird jede Existenzgrün-dung zum Glücksspiel«, so die Beraterin. Das Know-how sollte schon etwas gefestigt sein, um so Zahlen erarbeiten zu können, was an Investitionen nötig und was an Einkommen zu erwarten ist - die beiden Säulen eines Geschäftsplans, den jeder Geldgeber fordert.
Letztlich kommtĂ•s noch auf die Idee an. Dabei müsse eine Idee nicht zwingend neu sein. »Auch als zweiter oder dritter im Markt kann man in vielen Branchen erfolgreich sein.« Reiter lenkt das Interesse der Existenzgründer deutlich auf bestehende Betriebe: »Es gibt zahlreiche Firmen, die dringend einen Nachfolger suchen. Das kann eine interessante Alternative zum Neuaufbau sein.«
Die Geschäftsidee ist deshalb so wichtig, »weil wir Banker dabei nicht helfen können.« Anders bei der Finanzierung: »Wir prüfen alle Zahlen auf Vollständigkeit und Plausibilität, wir helfen auch dabei, staatliche Hilfen zu bekommen.« Die können vor allem dann nötig sein, wenn Sicherheiten für Kredite fehlen. »Allein die KfW-Förderbank bietet eine solche Vielfalt von Programmen an, dass nahezu jeder Starter die Hilfen von Bund oder Land nutzen kann.«
Interessante Unterschiede hat Johanna Reiter zwischen weiblichen und männlichen Existenzgründern ausgemacht. Frauen gehen die Selbstständigkeit meist sehr vorsichtig, »manchmal zu vorsichtig« an. Männer müssten hingegen zuweilen gebremst werden in ihren Erwartungen.
Am Ende entscheide immer das Durchhaltevermögen. Deshalb sei auch die Frage »Wollen Sie wirklich?« so wichtig. Reiter: »Geht eine Existenzgründung schief, drohen nicht nur Schulden, sondern auch ein tiefer Knacks im Selbstbewusstsein, weil man eine solche Niederlage im eigenen Lebensentwurf erst einmal verarbeiten muss.« Damit die eigene nicht zu den 32 Prozent junger Firmen gehört, die in den ersten vier Jahren Insolvenz anmelden müssen, sei eine optimale Vorbereitung unerlässlich.

Artikel vom 22.03.2007