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Brüggemann
unter Beschuss

Versmolder Student als »Sündenbock«

Von Oliver Horst
Versmold (WB). Er steht zu seiner Meinung - aus Überzeugung. Dafür schlägt Max H. Brüggemann jetzt eine Welle von Anfeindungen und Drohungen entgegen. Der 23-jährige Versmolder, der in Münster Betriebswirtschaftslehre studiert, gilt unter Kommilitonen als derjenige, dessen Stimme den Ausschlag für die Einführung von 275 Euro Studiengebühren pro Semester gegeben hat.

Diese Vermutung hat Brüggemann nicht nur bundesweites Medieninteresse beschert. Im Internet-Portal »StudiVZ«, das etwa die Hälfte der Studierenden in Deutschland nutzt, sammelten sich innerhalb weniger Stunden mehr als 500 Einträge. »Die waren nicht alle positiv. Es gab Drohungen und sehr Niveauloses«, sagt der Versmolder im Gespräch mit dem WB. Beschimpft wurde Brüggemann auch von anonymen Anrufern.
Für einige Studenten gilt er seit Mittwoch als der Sündenbock, durch den Münster als letzte Uni in NRW Studiengebühren eingeführt hat. Strafanzeigen werde er trotz anderslautender Ratschläge -Êauch von Studenten - zunächst nicht stellen. »Besonders erschreckend und enttäuschend war für mich aber, dass sogar jemand aus Versmold, den ich seit Jahren als meinen Freund bezeichne, mir schriftlich gedroht hat.«
Begonnen hat alles am Mittwoch in Münster: Der Uni-Senat berät unter schützender Präsenz der Polizei über die Gebühreneinführung. 23 stimmberechtigte Mitglieder zählt das Gremium. Für 300 Euro Semestergebühren findet sich in der ersten Abstimmung keine Mehrheit. Im zweiten Anlauf votieren zwölf Senatsmitglieder indes für die Einführung einer Gebühr von 275 Euro ab Herbst.
Weil einer der zwölf stimmberechtigten Professoren im Vorfeld seine ablehnende Haltung bekräftigt hat, muss die Mehrheit durch die Stimme eines Vertreters der Mitarbeiterschaft kommen -Ê oder aus den Reihen der Studenten. Max Brüggemann, langjähriger Vorsitzender der Jungen Union in Versmold, sitzt als Studentenvertreter im Senat. Ob er für die Studiengebühr gestimmt hat, will er nicht sagen, weil »es sich um eine geheime Abstimmung handelt«. Er erklärt aber: »Meine Position ist seit längerem bekannt. Ich halte die Einführung von Studiengebühren in NRW und speziell die in Münster in der jetzt beschlossenen Höhe für notwendig.«
Als die demonstrierenden Studenten am Mittwoch vom Beschluss erfahren, stürmen hunderte ins Gebäude. »Ich habe es durch den Hinterausgang verlassen und mich zum Bahnhof fahren lassen«, sagt Brüggemann, der zurzeit ein Praktikum in Berlin absolviert.
Anfang April wird er wieder als Student auf dem Uni-Campus sein. »Mit Konfrontationen und Beleidigungen muss ich rechnen«, sagt Brüggemann. An Personenschutz denke er aber nicht. »Ich hoffe, dass es vernünftige Menschen gibt, die im Zweifel Zivilcourage zeigen und eingreifen.«

Artikel vom 17.03.2007