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Die Retter proben den Ernstfall

Großalarm gestern Abend am Gütersloher Kreishaus: 260 Einsatzkräfte vor Ort

Kreis Gütersloh (WB). Um 17.20 Uhr fuhr das erste Fahrzeug der Feuerwehr vor dem Kreishaus vor, kurze Zeit später war der Parkplatz vor dem Verwaltungsgebäude voll von Fahrzeugen. 260 Einsatzkräfte mit rund 70 Fahrzeugen waren alarmiert worden: Das Unglücks-Szenario war nicht bis ins Detail ausgearbeitet worden, kein Mitarbeiter der Verwaltung musste evakuiert werden, keine geschminkten Helfer mussten Verletzte spielen. Nur so viel: Als die Meldung um 17 Uhr an die Feuerwehren und die Rettungsorganisationen rausging, lautete das so genannte Alarmierungs-Stichwort »MANV 3«.
Die Abkürzung steht für einen »Massenanfall von Verletzten bis 50 Personen«. Damit mussten die Einsatzkräfte rechnen bis zu dem Moment, als sich der Alarm als Übung herausstellte.
»Wir müssen im Unglücks- und Katastrophenfall für die Sicherheit der Bevölkerung sorgen. Damit dies im Ernstfall reibungslos klappt, müssen solche unvorhersehbaren Situationen regelmäßig geübt werden«, verdeutlichte Hans-Dieter Malsbender, Fachbereichsleiter Gesundheit und Ordnung beim Kreis, die Notwendigkeit solcher Großübungen. Freitagabend ging es vor allem darum, zu gewährleisten, dass eine hohe Zahl von Verletzten versorgt werden kann. Daher wurden in dem Alarm, den die Kreisleitstelle absetzte, neben der Freiwilligen Feuerwehr Gütersloh auch die MANV-Komponenten »Behandlung«, »Betreuung« und »Transport« berücksichtigt. Die MANV-Komponente »Behandlung« umfasst zum Beispiel einen mobilen Behandlungsplatz, der aus mehreren Zelten und dem technischen sowie medizinischen Gerätschaften besteht. Feuerwehr und DRK hatten fünf Zelte aufgebaut, davon eines zur Sichtung der Verletzten.
Im Zentrum des Interesses der Beobachter standen neben den Eintreffzeiten am Kreishaus besonders der Aufbau des Behandlungsplatzes und wann dieser einsatzbereit war. Dort wären im Ernstfall bis zu 50 Personen erstversorgt worden sowie ihre Verletzungen begutachtet. Davon hängt im Ernstfall ab, welcher Patient wann und in welches Krankenhaus gebracht wird. Die Übung stand unter der Leitung von Oberbrandrat Joachim Koch, Leiter der Feuerwehr Gütersloh. Der Ärztlicher Leiter Rettungsdienst im Kreis Gütersloh, Dr. Bernd Strickmann, zeigte sich in einem ersten Fazit zufrieden: Nach gut einer halben Stunde standen die Zelte. Allerdings, so gab Strickmann zu Bedenken, lag der angenommene Einsatzort auch mitten im Kreisgebiet, so waren viele Einsatzkräfte schnell vor Ort. Sternförmig waren sie aus allen Richtungen nach Gütersloh gefahren.
Das Personal der MANV-Komponenten wird von den im Kreis Gütersloh ansässigen Hilfs- und Rettungsorganisationen gestellt, also Deutsches Rotes Kreuz, Malteser Hilfsdienst, Johanniter-Unfallhilfe und Arbeiter Samariter Bund. Zudem wurde eine Gruppe des Technischen Hilfswerks alarmiert, damit sie den Behandlungsplatz ausleuchtet. Der Parkplatz des Johannesfriedhofs diente während der Übung als Bereitstellungsraum. »Denn das ist einer der ersten Fehler, die man im Ernstfall machen kann: Den Einsatzort mit den Fahrzeugen so zuzufahren, dass nichts mehr geht«, erklärte Wolfgang Hildebrandt, Sprecher der Feuerwehren im Kreis, die Bedeutung des Bereitstellungsraums. Nach und nach fuhren von dort zum Beispiel die Rettungswagen vor, um die »Verletzten« in die Krankenhäuser zu bringen.
Die Module des Notfallkonzeptes sind als Verstärkung des Rettungsdienstes bei Massenanfällen von Verletzten und Erkrankten aufgestellt worden und ergänzen somit den Regelrettungsdienst. Im Jahr 2006 wurden sie während der Fußballweltmeisterschaft in Köln und Dortmund zur Unterstützung herangezogen und auch zur Betreuung und Versorgung von Verletzten im Kreis Gütersloh mehrfach eingesetzt. Die Module waren in diesem Jahr bereits als Ergänzung des Rettungsdienstes in Werther (Westfalen), auf der A2 und in Rietberg im Einsatz und wurden auch während der Sturmnacht vom 18. zum 19. Januar dieses Jahres zur Betreuung von Fahrgästen der Bahn AG eingesetzt, die im Bahnhof Gütersloh gestrandet waren (das WB berichtete).

Artikel vom 10.03.2007