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»Sprachtest war nicht kindgerecht«

Nach dem Pilotprojekt in Halle und Pium Verbesserungsvorschläge für laufende Verfahren

Von Klaus-Peter Schillig
Halle (WB). Die in Halle und Borgholzhausen schon abgeschlossene Pilotphase der landesweiten Sprachstandserhebung in den Kindergärten hat einige Schwachstellen offenbart. Der Test selbst wird von beteiligten Erzieherinnen als nicht kindgerecht eingestuft. Außerdem sind Kinder in Spielgruppen glatt vergessen worden (Siehe Extra Text).

Insgesamt sind es 3901 Kinder im Kreis Gütersloh, die zwischen dem 1. August 2002 und dem 31. August 2003 geboren sind und 2009 eingeschult werden. Sie sind oder werden in den nächsten Monaten vier Jahre alt und müssen sich in diesen Tagen dem von der Universität Dortmund entwickelten Sprachtest »Delfin 4« stellen. Ein Frage-und-Antwort-Spiel rund um das Thema Zoo, bei dem Elefant, Giraffe, Tiger und Delfin die Hauptrolle spielen, bei dem die Kinder aber auch bestimmte Sätze nachsprechen müssen (WB vom 13. Februar). Kinder, die jetzt nicht teilgenommen haben oder auffällig geworden sind, müssen im Mai in eine Einzelprüfung. Wird auch dort ein sprachliches Defizit festgestellt, müssen die Kinder am Förderprogramm teilnehmen.
Die Vierjährigen in Halle und Borgholzhausen haben die Prozedur im Rahmen eines Pilotprojektes bereits hinter sich gebracht - und dabei haben vor allem die beteiligten Erzieherinnen mehrere Ansätze zur Kritik gefunden. Die wurden Anfang dieser Woche bei einem Gespräch im Schulamt des Kreises zusammengetragen. Schulrätin Gitta Trachte, für die Durchführung der Sprachtests zuständig, hält zwar die organisatorische Durchführung für gelungen, hat aber bereits einige Tipps und Verbesserungsvorschläge an die Grundschulen und Kindertagesstätten weitergegeben, die jetzt mit den Tests am Zuge sind. Insgesamt hält sie die Sprachstandserhebung für praktikabel. »Man sollte den Test aber nicht als Spiel deklarieren, sondern auch den Kindern gegenüber als Test«, hat Gitta Trachte als wichtigste Konsequenz weitergegeben. Als positiven Nebeneffekt stufte sie die durch die gemeinsame Durchführung der ersten Testphase entstandene engere Zusammenarbeit zwischen Grundschulen und Kindertagesstätten ein.
Anne Dieter, im evangelischen Kirchenkreis Beraterin für die Kindergärten, bezeichnete »Delfin 4« von der Gestaltung und der Idee her zwar als »sicher gut«, es sei aber kein Spiel, sondern auch für die Kinder eher ein Ernstfall. Eine fremde Person, nämlich eine Grundschullehrerin, sei mit im Raum, die Erzieherin verhalte sich ganz anders als sonst im spielerischen Alltag. »Man sollte die Kinder ernst nehmen und ihnen deutlich machen, was man will - nämlich schauen, wie sie sprechen können«, plädiert sie dafür, den kleinen Probanden die Wahrheit zu sagen. Ins gleiche Horn stößt auch Renate Hiltenkamp, Leiterin der AWO-Kita in Halle. Ihrer Ansicht nach war der Test so für Vierjährige noch gar nicht geeignet. Das Spiel mit dem Zoo sei gar kein Spiel, sondern ein Zwiegespräch, dass die Kinder in ungewohnter Rolle unter Druck setze. Außerdem sei auch noch nicht jedes Kind im Zoo gewesen, kenne Delfin oder Giraffe vielleicht gar nicht.
Die erste Auswertung der Ergebnisse im Fachbereich 12 der Universität Dortmund zeigt aber trotz aller Bedenken das erwartete Ergebnis. Zwei Drittel der Kinder in Halle und Borgholzhausen seien unauffällig, ein Drittel muss in die zweite Testrunde. Erzieherinnen, die an den Tests teilgenommen hatten, waren wegen der »Blockaden« vieler Kinder von einer wesentlich höheren Durchfall-Quote ausgegangen.

Artikel vom 09.03.2007