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»Von Kunst verstehen Enkel nichts«

Kunsthalle: Catarina Felixmüller (53) erinnert sich an ihren Großvater


Werther/Bielefeld (ka). Conrad Felixmüller starb 1977 mit dem Füllfederhalter in der Hand bei seiner abendlichen Korrespondenz in Berlin-Zehlendorf. Er habe nicht nur malen, sondern auch schreiben können. »Vielleicht habe ich das von ihm geerbt«, meint seine Enkelin Catarina Felixmüller lachend, denn künstlerisch sei sie gänzlich unbegabt. Im Rahmen der Ausstellung »Felixmüller/Böckstiegel - Arbeitswelten« hat sich die Hamburgerin im Mittwochabendgespräch an ihren Großvater erinnert.
Ihr Großvater sei sehr konsequent und von sich überzeugt gewesen, versucht Catarina Felixmüller sein Handeln zu erklären. Viele seiner Bilder habe er selbst in den Ofen gesteckt, »weil er sie als Künstler nicht mehr als gut befand«. Besonders in den 1920er Jahren, als sich ihr Großvater von seinem expressionistisch-kubistischen Malstil abwandte, seien durch seine Hand viele Bilder vernichtet worden.
In dieses Bild passt auch Conrad Felixmüllers Entscheidung, sich im Alter von 17 Jahren als freier Künstler selbständig zu machen. Er könne auf der Kunstakademie Dresden, an der er mit einer Sondergenehmigung studieren durfte, nichts mehr lernen, lautete seine Begründung.
Ausstellungskuratorin Dr. Jutta Hülsewig-Johnen freute sich mit 40 Besuchern, die NDR-Hörfunkjournalistin in Bielefeld begrüßen zu können. In der Familie Felixmüller gäbe es glücklicherweise Enkelkinder wie Catarina, die auch nach dem Tod der Künstlerkinder persönliche Bindungen zwischen Künstler und Öffentlichkeit herstellen könnten, so die Kuratorin.
Die Enkelin berichtet weiter, dass Felixmüller gegenüber seinen Enkelkindern meist von großer Distanz und mürrisch gewesen sei. »Er hat das graue Tier«, habe ihre Großmutter dann immer gesagt, erinnert sich die 53-Jährige. In Erinnerung seien ihr auch ungewöhnliche Besuche - wie der einer russischen Gräfin mit eigener Butter auf dem Tisch - und die vielen Bilder im Hause ihrer Großeltern geblieben. Leider habe sich ihr Großvater nie mit ihnen über seine Kunst unterhalten. Sein Argument: »Das versteht ihr nicht.«
Peter August Böckstiegel hat Catarina Felixmüller nie persönlich kennen gelernt. Böckstiegel starb 1951, erst drei Jahre später wurde sie geboren. Die 53-Jährige erzählt, dass sie aber deren Frau Hanna, die Schwester ihres Großvaters, in Werther besucht und auch Vincent Böckstiegel gekannt habe. Mit ihm habe sie noch am Sonntag telefoniert. Er habe sich bei ihr entschuldigt, dass er angesichts seienr Kur bei ihrer Veranstaltung nicht dabei sein könne.
»Die Ausstellung gefällt mir sehr gut«, sagt die Enkelin begeistert und gesteht, dass auch sie als Nachlassverwalterin des künstlerischen Erbes ihres Großvaters nicht dessen gesamte Werke kennt. Daher ist sie besonders erfreut, in Bielefeld gleich zwei ihr unbekannte Bilder entdeckt zu haben. Das eine zeigt Bergleute und das andere einen Pfeife rauchenden Bauern.

Artikel vom 09.03.2007