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Als in Pium die
Selbstversorger
die Regel waren

Mit Lore Redecker auf Zeitreise

Borgholzhausen (ka). »Muckefuck und Sauerkraut« nennt Lore Redecker ihre Stadtführung. Sie nimmt ihre Gäste dabei mit auf eine Reise in die Zeit der Selbstversorgung in Borgholzhausen. In die Zeit von 1900 bis 1950, als in den Häusern noch selbst geschlachtet wurde.

Die »Unruheständlerin« möchte nicht, dass dieses Stück Geschichte und Wissen darum verloren geht. »Muckefuck kennt kaum noch jemand«, sagt die 64-Jährige und erklärt sogleich , dass es sich dabei um Ersatzkaffee aus gerösteter Gerste handelt. »Muckefuck und Sauerkraut« ist auch die Geschichte ihrer eigenen Kindheit. Sie erinnert sich noch gut, wie ihr Vater mit einem Weißkohlhobel auf dem Fahrradgepäckträger von einem zum anderen gefahren ist, um Weißkohl zu hobeln und zu Sauerkraut einzustampfen. »Damals gab es noch keine Supermärkte mit Regalen voll mit Konservendosen.« So ist dann mit dem heutigen Heimathaus der erste Anlaufpunkt ihrer Führung ein ehemaliges Ackerbürgerhaus.
Die Ackerbürger lebten darin quasi mit ihrem Vieh unter einem Dach. Und nicht nur das. Lore Redecker erzählt, dass die Ställe zur sonnigen Südseite ausgerichtet waren: »Wenn es dem Vieh gut ging, ging es auch dem Besitzer gut.«
Im Winter, wenn die Schweine geschlachtet wurden, seien sie aufgeschlagen wie ein offenes Buch zum Kühlen nach draußen gehängt worden. Außerhalb der Reichweite von Hunden und Katzen. »Sonst konnte es passieren, dass die schönsten Stücke fehlten«, erzählt die 64-Jährige schmunzelnd. Und die Stadtführerin erklärt weiter, dass in den Deelen große Waschtöpfe standen. In dem einen Einsatz sei das Fleisch zu Wurst verarbeitet worden und in dem anderen Reste und Kartoffeln zu Schweinefutter. »Alles wurde verwertet, nichts weggeworfen.«
Lore Redeckers Weg durch Borgholzhausen Innenstadt führt vorbei an der Tanfanatraße, wo ein Blick hoch zum Luisenturm geworfen wird, zur evangelischen Kirche, weiter zum Freibad, wo früher eine Mühle mit Teich stand, und zum Bleichhäuschen. Die Führung endet nach anderthalb Stunden im Café Schulze, dem einzigen verbliebenen Leb- und Honigkuchenbäcker der Stadt. Die Geschichte um dieses süße Gebäck, so wie die der Segeltuchfabrik Hellig oder die der Leichenfunde in der evangelischen Kirche 1976 gibt die Stadtführerin unterwegs zum Besten.
Wer diese und andere wissenswerte Geschichten hören möchte, kann sich unter %  0 54 25/933 823 bei Lore Redecker anmelden.

Artikel vom 08.03.2007