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Professor warnt vor
»Rosskur« für die Stadt

Harte Zeiten durch neues kommunales Finanzmanagement

Von Stefan Küppers
Borgholzhausen (WB). Die Umstellung auf das Neue Kommunale Finanzmanagement (NKF) wird auch Borgholzhausen eine »Rosskur« bescheren. Das sagte mit Prof. Dr. Wolfgang Hufnagel ein absoluter Experte für das neue Haushaltsrecht bei einem Vortrag voraus.

Der Fachhochschul-Dezernent, der den Aufbau der kaufmännischen Buchführung in Kommunen seit Jahren für die Landesregierung begleitet und am Studieninstitut für kommunale Verwaltung Westfalen-Lippe tätig ist, sprach im vollbesetzten Rathaussaal vor Vertretern der Stadtverwaltung und des Rates. Pium will das NKF vom kommenden Jahr an einführen. Prof. Dr. Wolfgang Hufnagel, der bereits 200 der knapp 400 Kommunen in NRW zum NKF fortgebildet hat, zeigte sich als Freund offener Worte. »Das macht mir in der Politik nicht nur Freunde«, räumte er ein.
So sagt Hufnagel, dass die veränderte Haushaltsführung nach kaufmännischen Gesichtspunkten, also auch die Einrechnung des Verzehrs von Vermögen durch Abschreibungen, viele Kommunen an den Rand eines Haushaltssicherungskonzeptes bringen werde. Ob Pium dazu gehören wird, sagte Hufnagel freilich nicht. Gleichwohl stehe eine »Rosskur« bevor.
Prof. Hufnagel erwartet, dass die Leistungen einer Kommune noch viel mehr als bisher einer ständigen Aufgabenkritik unterzogen werden. Denn um Unterdeckungen im Haushalt aufzufangen, werden viele Kommunen ihren Aufwand reduzieren müssen, glaubt der Professor. Da müssten zum Beispiel Schulen geschlossen werden. Und Eltern müssten Verständnis dafür aufbringen, wenn die Schülerbeförderung von einer Kommune nur bis zur nächstgelegenen Schule bezahlt werde. Das Neue Kommunale Finanzmanagement erfordere auch bei den Bürgern ein Umdenken, sagte Hufnagel: »Eine Stadt kann nur noch das verteilen, was tatsächlich reinkommt. Und ihr Eigenkapital darf eine Kommune nicht aufbrauchen.«
Das NKF wird auch der Stadt Borgholzhausen ihre wahre finanzielle Situation noch klarer vor Augen führen. Die Politik, also der Stadtrat, müsse mit der Verwaltung Ziele vereinbaren vor dem Hintergrund der Ertragskraft einer Stadt. »Und den Haushalt kann man nicht durch Kredite ausgleichen«, betonte der Professor. Um Ziele zu überprüfen, empfahl Hufnagel dem Rat es wie die Wirtschaft zu tun, nämlich mit Quartalsberichten zu arbeiten.
Hufnagel lenkte auch den Blick auf die nächst höhere Ebene, den Kreis. Der drücke seine Abschreibungskosten für Kreisstraßen letztlich den Kommunen rein. Umso wichtiger seien absolut gleiche Standards bei Straßenbewertungen. Außerdem müsse auch der Kreis seinen Aufwand überprüfen, sei es bei Gesundheitsämtern oder im Begutachtungswesen.

Artikel vom 08.03.2007