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Dem Kind aufs Rad helfen
Aller Anfang ist schwer - aber entspannte Eltern können ihn erleichtern
Ob Kinder einmal begeisterte Radler werden hängt vielfach damit zusammen, wie sie das Radfahren lernen.
Und das beginnt lange vor dem ersten Kinderrad: Eltern (oder Großeltern) sollten ihre Kinder frühzeitig an Mobilität gewöhnen. Ein Rutscher oder Wutsch sind ideale Starterfahrzeuge. Anschließend stehen Roller oder Laufrad auf der Liste. Erst dann sollte das erste Fahrrad kommen.
Eltern kaufen Fahrräder für ihre Kinder gern auf Zuwachs. Doch ein zu großes Rad überfordert die Sprösslinge. »Auf schweren und unhandlichen Rädern lernen Kinder nur langsam. In kritischen Situationen haben sie ihr Rad nicht im Griff«, sagt Professor Volker Briese, Fachreferent für Verkehrspädagogik beim Allgemeinen Deutschen Fahrrad Club (ADFC). Allerdings gibt es auch gute Kinderräder, die für längere Zeit passen, quasi mitwachsen.
Von Stützrädern wird inzwischen abgeraten, weil sie nur trügerische Sicherheit bieten. Briese: »Der schwerste Schritt fürs Kind ist das Einpendeln des Gleichgewichts. Da stehen die Erfahrungen mit Stützrädern den meisten Kindern im Wege.«
Radfahren lernen macht nur Spaß, wenn es unter den richtigen Rahmendingungen stattfindet - ganz entspannt und ausgeruht. Ungeduldige, besserwissende, gar schimpfende Väter sind das Letzte, was Radl-Anfänger brauchen.
Die ersten Übungsfahrten auf dem Fahrrad sollten immer unter Aufsicht der Eltern auf Plätzen ohne Verkehr stattfinden. Kinder müssen die Möglichkeit haben, die motorischen Fähigkeiten zur sicheren Beherrschung des Rades (Gleichgewichthalten, Lenken, Anhalten, Auf- und Absteigen) in sicherem Umfeld zu erlernen.
Das Anfahren ist bei vielen Kindern das Schwierigste, da hier die stabilisierenden Kräfte noch nicht ausreichend wirken. Statt konstant zu schieben ist es besser, beim Anfahren durch kurzes Anschubsen zu helfen und das Kind so zum Rollern und schließlich zum Treten zu motivieren.
Wer versucht, sein Kind vor Stürzen zu schützen, der handelt allzu verständlich. Doch Radfahren ist nicht schmerzfrei zu erlernen. Es spricht sogar viel dafür, die Kinder frühzeitig fallen zu lassen: Stürzen die Kleinen, so sind die Fallhöhen und -geschwindigkeiten niedrig und damit ist das Verletzungsrisiko vergleichsweise gering.
Damit man optimal das Gleichgewicht halten kann, sollte der Oberkörper, Kopf und Blick immer in Fahrtrichtung weisen. Eltern, die das Kind von hinten anschieben, lenken den Zögling ab: Das Kind neigt während der Fahrt zum Umdrehen. Besser ist rückwärts vor dem Rad vorzulaufen und sicherzustellen, dass der kleine Radfahrer immer nach vorne schaut.
Um in Gefahrensituationen richtig reagieren zu können, muss das Kind reflexartig in jeder Fahrsituation sicher und kontrolliert bremsen können. Das ist jedoch schwer zu erlernen, wenn Eltern immer wieder mutwillige Vollbremsungen verbieten. Doch ein kaputt gebremster Reifen ist eine Investition in die Fahrsicherheit. Zur Gewohnheit muss das freilich nicht werden...
Sobald das Kind sicher Radfahren kann, sollte es das auch bei möglichst vielen Gelegenheiten im Alltag tun - etwa die Eltern beim Joggen oder beim Spaziergang am Sonntag per Rad begleiten. Lilo Franzen, Leiterin der »Bonner Fahrradschule für Kinder« (www.lilofranzen.de), beurteilt die Vorbildfunktion der Eltern während der Entwicklung des Kindes zum sicheren Radfahrer als sehr wichtig. »Es genügt nicht, beim Radeln mit den Kindern einen Helm aufzusetzen und die Verkehrsregeln zu beachten«, sagt sie. »Am wichtigsten ist es, dass Eltern einen lustvollen und sicheren Umgang mit dem Fahrrad vorleben.« pd-f

Artikel vom 21.04.2007