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Alle Kinder sind mit Feuereifer dabei

Magdalena Obrock bringt Mädchen und Jungen die plattdeutsche Sprache bei

Von Jörn Petring
Rödinghausen (jp). Die Schulbank drücken und das auch noch am Nachmittag? Die Kinder der Grundschule Rödinghausen machen das gerne. Sie kommen freiwillig freitags nach der letzten Schulstunde, haben jede Menge Spaß und wollen alle eines: Plattdeutsch lernen.

»Gohen Dag«, begrüßt Magdalena Obrock ihre Schützlinge. Die Rentnerin unterrichtet fünf Mädchen und Jungen der Grundschulen in Plattdeutsch. Vor acht Jahren hat sich Obrock, die nebenbei auch den Rödinghausener Landfrauen die alte Sprache vermittelt und einen Kurs an der Volkshochschule Herford gibt, bereit erklärt, eine Arbeitsgemeinschaft an der Grundschule zu übernehmen. Alles ist ein wenig wie früher: Ihre Schützlinge unterrichtet Obrock jeden Freitag in der sechsten Stunde.Ê
»Gohen Dag«, ertönt es lautstark zurück. Aufgeregt rutschen die Jungen und Mädchen auf ihren Stühlen hin und her. In diesem Schuljahr sind es nur fünf. Das liegt auch an der neuen Schach-AG, die dem Sprachunterricht seit neuestem Konkurrenz macht. »In manchen Jahren hatte ich 20 Schüler«, erinnert sich Obrock. Alle, die hier sitzen, sind voll motiviert: Die Finger schnellen nach oben. Geschnippt wird aber nicht. Da schreitet die Lehrerin ein. »Manchmal muss ich auch streng sein«. Wer redet oder auf dem Stuhl herumwackelt, wird ermahnt. Eben alles wie früher. Alle Kinder wollen zeigen, was sie schon gelernt haben. Und das ist gar nicht wenig. Die Zahlen bis 1000, alle Wochentage und einfache Grußformen können die Schüler auf Platt. Geschrieben wird nicht. »Es geht um die Verständigung. Platt zu schreiben, wäre für die Kinder zu schwierig«, erklärt Magdalena Obrock. Schreiben wollen sie aber gar auch nicht, sondern viel lieber singen: Zum Beispiel »Muin Hahn is däot« oder »Iuse Katten sit biuden«, das die Klasse auch schon vor einem Publikum von fast 250 Leuten beim ersten Kulturfrühstück des Jahres gesungen hat.
Heute steht eine Geschichte aus dem Schulbuch von Erwin Möller auf dem Unterrichtsplan. »De Besoik« heißt sie, und die Kinder lesen mit Begeisterung. Jana und Louisa wollen unbedingt vorlesen. Die beiden sind mit Feuereifer dabei und kommen gern zum außergewöhnlichen Unterricht. Auch Sven ist gerne dabei, denn er weiß etwas Besonderes mit der neuen Sprache anzufangen: Ê»Meine Oma kann das auch«, berichtet Sven, und erzählt, dass auch sein jüngerer Bruder schon Platt von seinem Großvater gelernt hat. Jetzt grinst er verschmitzt und verrät: »Plattdeutsch ist gut, denn Mama versteht nichts.« Magdalena Obrock genießt das Zusammensein mit den quirligen Schülern. Vor 20 Jahren hat Obrock erstmals in einem Platt-Kursus der Volkshochschule mitgearbeitet. »Die Sprache hat mich schon immer gereizt«, verrät sie. »Aber das hier ist noch viel interessanter, weil ich mit Kindern arbeite.« Obrock weiß aber auch: »Wenn der Kursus vorbei ist und die Kinder auf eine weiterführende Schule gehen, werden sie wohl so schnell nichts mehr mit der Sprache zu tun haben.« Zur Zeit genießen die Kinder aber ihren sprachlichen Zusatzunterricht noch in vollen Zügen. Auch Monika Niedzwicki, Schulleiterin der Grundschule Rödinghausen, begrüßt den durch Magdalena Obrock ermöglichten Unterricht: »Es ist ein Beitrag dazu, dass die plattdeutsche Sprache in Rödinghausen erhalten wird. Die Kinder können sich früh an eine zusätzliche Sprache gewöhnen.«

Artikel vom 07.03.2007