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Streit um Gestaltung
des »Kulturerbes«

Bürgerinitiative gegen Planung auf Museumsinsel

Berlin (dpa). Eine Bürgerinitiative mit prominenten Unterstützern wie Günther Jauch und Lea Rosh hat gestern die Vorbereitungen zu einem Volksbegehren »gegen die Verunstaltung der Berliner Museumsinsel mit modernen Neubauten« gestartet.

In der ersten Stufe müssen von der Bürgerinitiative innerhalb der nächsten sechs Monate 20 000 Unterschriften gesammelt werden. Die Hauptkritik richtet sich gegen das von dem britischen Architekten David Chipperfield geplante zentrale Eingangsgebäude vor dem historischen Neuen Museum und dessen Innenausbau in zeitgenössischer Architektur. Die Bürgerinitiative prangert diese Pläne als »künstliche Brutalisierung und totale Zerschlagung« eines »in 100 Jahren durch geniale Baumeister entstandenen historischen Kulturerbes« an. Die kulturpolitische Sprecherin der Berliner Grünen, Alice Stöver, kritisierte die Bürgerinitiative. Historismus sei keine Antwort auf wichtige Gestaltungsfragen, sagte sie.
Vertreter der Initiative, die auch bundesweit Unterschriften sammeln will, befürchten eine Gefährdung des UNESCO-Weltkulturerbes. Sie appellieren daher an den Bundestag, die im vergangenen Herbst überraschend vorzeitig freigegebenen 73 Millionen Euro für das zentrale Eingangsgebäude wieder zu sperren und die Arbeiten sofort zu unterbrechen. Alle Planungen müssten sich am historischen Original orientieren.
Nach ihren Informationen ist auch in den Unterlagen der UNESCO für den Antrag zur Aufnahme der Museumsinsel als Weltkulturerbe der Chipperfield-Entwurf für das zentrale Eingangsgebäude nicht vorhanden, wie eigene Recherchen in Paris ergeben hätten. Die Bürgerinitiative schlägt als Alternative für einen Eingangsneubau die Überdachung des Innenhofes zum Pergamonmuseum als »zentralen, erlebnisvollen Zugang zum weltweit einmaligen Ensemble einer Akropolis der Künste« vor.
Die Stiftung Preußischer Kulturbesitz hatte im Vorfeld bereits erklärt, dass der umstrittene Entwurf Chipperfields überarbeitet wird. »Das Gebäude wird sich in das historische Ensemble des UNESCO-Weltkulturerbes der Museumsinsel ästhetisch einfügen und sich dabei einer unserer Zeit gemäßen Formensprache bedienen.« Der Neubau werde an der Stelle errichtet, an der Schinkels Packhof gestanden habe.
Zu den Erstunterzeichnern der Bürgerinitiative gehören unter anderem auch die Historiker Arnulf Baring und Wolfgang Ribbe, der Publizist Michael S. Cullen, die Schriftsteller und Publizisten Günter de Bruyn und Wolf-Jobst Siedler sowie der Vizepräsident des Berliner Abgeordnetenhauses, Uwe Lehmann-Brauns (CDU).

Artikel vom 06.03.2007