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Wort zum Sonntag

Heute von Pfarrer Ulrich Potz

Ulrich Potz ist Pfarrer in der evangelischen Kirchengemeinde Versmold.

Wenn man durch die Stadt geht, Bekannte trifft und mit ihnen ins Gespräch kommt, kann man schon den Eindruck gewinnen, dass viele nicht sonderlich gut drauf sind. Das hat allerdings weniger etwas mit der aktuellen Zeit im Kirchenjahr zu tun, in der wir uns ja an das Leiden Jesu erinnern. Nein, es liegt wohl eher am Kapriolen schlagenden Wetter, an der grassierenden Grippe-Epidemie und an der durch vielerlei Verunsicherungen geprägten Grundstimmung.
Obwohl nach vielen Monaten permanenten Niedergangs und vieler Nackenschläge jüngstens überall zu hören und zu lesen ist, dass ein Aufschwung da sei, fragen sich die meisten mit Recht, wo und bei wem er denn eigentlich angekommen sei? Es mag ja vielen Konzernen mit ihrem Umsatz und ihren Börsenerfolgen so gut wie selten zuvor gehen, aber diejenigen, die diese Entwicklung durch ihrer Hände Arbeit maßgeblich mitbewirkt haben, stehen zum großen Teil nicht nur mit schmalerem Portmonee, sondern oft genug auch ohne Job auf der Straße. Wen wundert es da, dass frühlingshaften Politiker-Verlautbarungen mit Skepsis begegnet wird und der Großteil desillusioniert im Leidens-Tal eigener Erfahrungen und Vorbehalte verbleibt?
Vorösterliche Leidenszeit? Immerhin fällt es angesichts der derzeitigen Situation nicht schwer, Parallelen zur christlichen Glaubenstradition zu ziehen. Auch die Jünger Jesu vermochten nach dem Verlust ihres Meisters und ernüchternder Lebensumstände nicht der Botschaft eines Neuanfangs zu glauben. Die erlebten Ängste und Erschütterungen hielten sie begreiflicherweise gefangen. Was sie daraus dennoch befreite, war nur der Mut, tatkräftigen Glauben an die Verheißung Gottes zu wagen, der in jede Leidenszeit hineinsagt: »Siehe, ich will ein Neues schaffen. Jetzt wächst es auf. Seht ihr es denn nicht?« Damit sind selbstverständlich noch nicht alle Widrigkeiten gebannt - schon gar nicht von jetzt auf gleich. Aber immerhin wurde und wird dadurch ein Potenzial freigesetzt, das - wie im bekannten 23. Psalm beschrieben - Wege aus vielerlei Leiden zu beschreiten half. Was hindert eigentlich daran, sich dieses Angebotes zu erinnern, darauf seine Hoffnung zu setzen und an Gottes Hand sozusagen Schritt um Schritt das unter die Füße zu nehmen, was einen über den augenblicklichen Punkt hinaus in jedem Fall weiterbringt?

Artikel vom 03.03.2007