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Stadt Halle bittet Gaststätten zur Kasse

Ärger über Vergnügungssteuer - Auch GEMA und Nichtraucherschutz trifft Kneipen hart

Von André Best (Text und Fotos)
Halle (WB). Die Gastronomen in Halle haben in diesen Tagen nicht viel zu lachen. Vergnügungssteuer, GEMA-Gebühren, Mehrwertsteuererhöhung und nicht zuletzt der Nichtraucherschutz trifft die Kneipen hart.

Vor allem die veraltete Vergnügungssteuer für Gaststätten treibt einigen Wirten die Zornesröte ins Gesicht. Ausgerechnet der älteste Gastronom der Stadt, Ernst Trusch (Barbara-Keller), hat sich jetzt schriftlich an Bürgermeisterin Anne Rodenbrock-Wesselmann gewandt und die Abschaffung der Steuer gefordert.
1248 Euro Vergnügungssteuer zuzüglich GEMA-Gebühren musste Trusch zuletzt hinblättern. »Da lohnt sich das Geschäft am Freitag- und Samstagabend im Keller für mich nicht mehr«, sagt Ernst Trusch und ergänzt: »Langsam aber sicher erreicht die Stadt Halle, dass die kleinen Gaststätten keine Möglichkeit mehr haben, ihre Gäste mit Fröhlichkeit zu bedienen.«
Vergnügungssteuer wird in Halle fällig, wenn eine Gaststätte Eintritt nimmt, beispielsweise anlässlich einer Silvesterfeier. So geschehen zum Jahreswechsel. Trusch lud zur Party ein - und wurde zur Kasse gebeten. Besonders ärgerlich: Halle ist eine der wenigen Kommunen in Ostwestfalen-Lippe, die eine Vergnügungssteuer von Gasstätten erhebt. In Borgholzhausen und Werther ist diese laut Trusch »unsinnige Steuer« längst abgeschafft worden. Hier müssen nur Spielhallen, nicht jedoch Kneipen zahlen.
Auch Thomas Keitel, Geschäftsführer des Hotel- und Gaststättenverbandes Ostwestfalen-Lippe, hält die Vergnügungssteuer für antiquiert. »Es ist eine Steuer aus den 40er, 50er Jahren. Wir sind aus den Zeiten heraus, in denen das Vergnügen besteuert werden muss«, sagt Keitel. Zudem sei die Steuer eine Einnahmequelle, auf die jede Stadt mit Leichtigkeit verzichten könne. »Städte, die ihre Gastronomie unterstützen, verzichten jedenfalls auf die Steuer.« Ernst Trusch: »Die Vergnügungssteuer ist vielleicht auch ein Grund, warum an Silvester fast alle Lokale in der Stadt nach 1 Uhr geschlossen waren.
Aber nicht nur wegen der Vergnügungssteuer haben die Haller Wirte die Nase voll. Auch von der GEMA, der Gesellschaft für musikalische Aufführungs- und mechanische Vervielfältigungsrechte, werden die Gaststätten- und Restaurant-Besitzer ordentlich zur Kasse gebeten. Wer beispielsweise seinen Gästen nur etwas Hintergrundmusik bietet, wer Samstagnachmittags das Radio einschaltet, damit die Gäste die Fußball-Bundesliga live verfolgen können und wer einen Abend mit Live-Musik auf die Beine stellt, muss zahlen. Das Restaurant Brune blätterte im vergangenen Jahr immerhin 440 Euro an GEMA-Gebühren hin. Gaststätten und Gasthöfe wie beispielsweise Jäckel, die mehr als 100 Veranstaltungen im Jahr haben, werden ein Vielfaches dieser Summe zahlen müssen.
Besonders ärgerlich: Wer seine Veranstaltung bei der GEMA ordnungsgemäß anmeldet, wird am Ende sogar noch bestraft. Ein Haller Wirt machte den Test: Er meldete ein Live-Konzert an und zahlte etwa 100 Euro an GEMA-Gebühren. Ein Jahr später verzichtete er auf die GEMA-Anmeldung - und musste »nur« etwa 50 Euro Strafe zahlen.
Mehrwertsteuer-Erhöhung und der Nichtraucherschutz sind weitere dicke »Kröten«, die die Wirte zu schlucken haben. Und das, obwohl das Geschäft alles andere als »brummt«. Der Geschäftsführer des Hotel- und Gaststättenverbandes: »Wenn das so weitergeht, werden viele kleinere Gaststätten sterben. Es sind einfach zu viele Sargnägel.«

Artikel vom 28.02.2007