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Kansteiner sieht A 33-Konsens gefährdet

Umweltverbände fordern breitere Landschaftsbrücken - Neues Gutachten in Auftrag gegeben

Von Stefan Küppers (Text und Fotos)
Borgholzhausen/Halle (WB). Für die Planung der Restlücke der A 33 zwischen Halle und Borgholzhausen droht neuer Ärger. Der Sprecher der Umweltverbände, Wolfhart Kansteiner aus Borgholzhausen, sieht sogar die Düsseldorfer Vereinbarung zur A 33-Konsenstrasse gefährdet.

Die Umweltverbände fordern insbesondere eine große Landschaftsbrücke , die den Artenschutz sicherstellen soll. Um ihre Forderungen zu untermauern, haben die Umweltverbände über die Bielefelder Stiftung für die Natur Ravensberg ein Gutachten bei Prof. Dr. Bernd Gerken (Uni Paderborn, Fachhochschule Lippe) in Auftrag gegeben. Der Tierökologe Gerken hatte bereits vor Jahren mit einem Gutachten zur Abgrenzung des FFH-Gebietes Tatenhauser Wald für Aufsehen gesorgt, das letztendlich auch seinen Teil zur späteren Umplanung der A 33 auf der sogenannten Konsens-Trasse beitrug. Wolfhart Kansteiner kündigte die Vorstellung des neuen Gutachtens für Anfang März an.
Ohne Einzelheiten des Gutachten vorweg nehmen zu wollen, kündigte Kansteiner an, dass gravierende Umplanungen insbesondere bei Grün- und Landschaftsbrücken nötig würden. Im Streckenabschnitt zwischen Halle und Borgholzhausen seien von den A 33-Planer bislang nur vier schmale Grünbrücken von bis zu 40 Meter Breite vorgesehen. Die seien viel zu klein dimensioniert und lägen zudem teilweise an den falschen Stellen. So vertritt Kansteiner die Auffassung, dass die geplante Grünbrücke an der Haller Westumgehung/Siedlung am Forst aus ökologischer Sicht völlig überflüssig ist.
Kansteiner: »Im A 33-Arbeitskreis sind wir mit unseren Forderungen zu den Grünbrücken in der Vergangenheit leider immer abgeblockt worden. Deshalb haben wir uns auch entschlossen, das Geld für ein Fachgutachten auszugeben.« Jetzt wird eine bis zu 200 Meter breite Landschaftsbrücke gefordert, die insbesondere die großräumigen Wanderungen von Tieren ermöglichen soll.
Die A 33 stellt nach den Worten von Kansteiner eine »ökologische Todeslinie« dar, die es durch deutlich aufwändigere Maßnahmen zu überwinden gelte. Ohne Wanderungen über die wichtige Vernetzungsachse Teutoburger Wald drohe die genetische Verarmung bei Arten, die letztlich zum Aussterben führe. »Der Artenschutz hat für den Menschen eine ebenso wichtige Bedeutung wie der Klimaschutz«, sagte der Sprecher der Umweltverbände.
Das Rotwild aber insbesondere Wildschweine bräuchten große Landschaftsbrücken, erläuterte Kansteiner. Gerade Wildschweine trügen bei ihren Wanderungen viel genetisches Material in ihrem Fell, sorgten für einen für den Artenschutz insgesamt wichtigen Austausch vieler Erbanlagen im Huckepackverfahren. Für diese Tiere bräuchte es breite Landschaftsbrücken, um die Zerschneidungswirkung der A 33 zu minimieren.
Kansteiner weiß von einem weiteren Gutachter, der für die Erhaltung des Steinkauzes in Holtfeld sogar eine rund ein Kilometer breite Landschaftsbrücke forderte. Doch eine solche Dimension sei politisch nicht durchsetzbar, urteilt Kansteiner. Umso wichtiger sei dann aber eine Grünbrücke von etwa 200 Meter Breite. Eine solche Anlage ist freilich sehr teuer.
Insbesondere im NRW-Verkehrsministerium erkennt Kansteiner seit dem Regierungswechsel eine abwehrende Haltung gegenüber den Umweltverbänden. Es werde in Bezug auf die wichtigen Grünbrücken nicht mehr im Geiste der Düsseldorfer Vereinbarung von 2004 gehandelt. Er wolle den A 33-Konsens noch nicht endgültig aufkündigen, so Kansteiner: »Aber wenn hier nicht fachlich zureichende Übergänge und Durchlässe geschaffen werden, zwingt man uns dazu einen Musterprozess zu führen.« Im übrigen ärgert er sich, dass die Umweltverbände die teuren Gutachten bezahlen müssen. Natur- und Artenschutz sei nämlich eine Staatsaufgabe hoher Priorität.
A 33-Chefplaner Ulrich Windhager betonte gestern auf Anfrage des WB, dass der vorliegende Planentwurf ohne große Landschaftsbrücke die Zustimmung der Fachbehörden habe. Der für den Landesbetrieb Straßen NRW tätige Gutachter Dr. Jochen Lüttmann hat nach den Worten von Windhager solche breiten Grünbrücken als »fachlich nicht zu belegen« bezeichnet. Fledermaus-Experte Lüttmann steht seit Jahren in der Kritik von Umweltverbänden. Windhager verwies darauf, dass über allem die Beurteilung des Bundes als Bauherr stehe.

Artikel vom 24.02.2007