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Der »Calypso-König« wird 80

Harry Belafonte kämpft nach wie vor für die Unterdrückten auf der Welt

Von Wolfgang Schäffer
Köln/New York (WB). Sänger, Schauspieler, Bürgerrechtler, UNICEF-Botschafter: Harry Belafonte hat sich ohne Rücksicht auf seine Karriere immer und immer wieder für die sozialen Belange der Schwachen und Unterdrückten eingesetzt. Am kommenden Donnerstag wird der »Calypso-König« 80 Jahre jung.

Die Zahl 80 mag Harry Belafonte »gar nicht aussprechen«. In einem Interview vor wenigen Wochen sagte er: »Alle 80-Jährigen, die ich früher kannte, waren so gut wie tot. 80 ist ein Symbol für: alles vorbei. Dabei ist gar nichts vorbei! Ich habe lediglich Schmerzen in der Hüfte und gehe darum ein bisschen schwer.«
So habe er seine Karriere als Sänger nach seiner Europatournee 2003 auch keinesfalls aus gesundheitlichen oder gar Altersgründen beendet. »Ich schaute ins Publikum, war total ergriffen und dachte plötzlich: Besser als es jetzt ist, kann es nicht werden. In diesem Moment beschloss ich: Nach dieser Tour hörst Du auf«, gibt Belafonte einen Einblick in sein Seelenleben.
Herz und Seele hat der 1927 in New York als Sohn eines Schiffskochs aus Jamaika und einer Hilfsarbeiterin geborene Weltstar in seinem Leben immer gezeigt - sei es auf der Bühne, vor den Kameras oder als Bürgerrechtler. Aufgewachsen in Jamaika und New York ist er früh auf sich allein gestellt, da sein Vater die Familie verlassen hatte. Er bricht mit 17 die Schule ab, geht zur Armee und wird später Hausmeister. Ein Zufall bringt ihn an eine Schule, wo er Schauspielen lernt - und das an der Seite der späteren Weltstars Marlon Brando und Walter Matthau.
Beseelt von diesen Erfahrungen eröffnet er 1950 einen Club in Greenwich Village und begeistert das illustre Publikum mit seinen Entertainerqualitäten. Die sprechen sich 'rum und Belafonte bekommt ein erstes Angebot.
Mitte der 50er Jahre etabliert er sich fest als Sänger und Schauspieler. Die Hauptrolle im Film »Carmen Jones« verschafft ihm den Durchbruch vor der Kamera, der Hit »Mathilda« rast in die Hitparaden.
156 schreibt Harry Belafonte mit dem Album »Calypso« nicht nur Pop-Geschichte, sondern löst mit den karibischen Rhythmen einen unvorstellbaren Calypso-Boom aus. »Day-O« (der »Banana Boat Song«) oder auch »Island in the Sun« sind Titel, die auch heute noch so aktuell wie damals sind und die fast jeder kennt. Im letztgenannten Stück verbirgt sich hinter der eher heiteren Melodie aber ein Protest gegen die Sklaverei. So singt Belafonte von der harten Arbeit des Schneidens von Zuckerrohr und von den dabei fließenden Tränen des Schmerzes. »Schwarze Kunst war immer verschlüsselt«, schmunzelt der Jubilar. »Meine Vorfahren mussten ihre Klagen so verpacken.«
Er selbst hat das im richtigen Leben nie getan. Mit deutlichen Worten kritisiert er nach wie vor Folter und Bombardements im Namen von Freiheit und Sicherheit. Nach den Terroranschlägen vom 11. September in New York warnt er eindringlich vor einer schleichenden Aufweichung der Menschenrechte im Kampf gegen Terrorismus und nennt den US-Präsidenten George W. Bush unverblümt den »größten Terroristen der Welt«. Er kämpft heute mit dem gleichen Einsatz mit Nelson Mandela gegen die Apartheid in Südafrika wie er es zuvor an der Seite von Martin Luther King für die Bürgerrecht der Schwarzen in den USA getan hat. Und er setzt sich mit viel Hingabe als UNICEF-Botschafter für die hilfsbedürftigen Kinder der Welt ein.
Verheiratet ist Belafonte seit mehr als 50 Jahren mit der Tänzerin Julie Robinson, mit der er Sohn David und Tochter Shari hat. Aus einer früheren Beziehung stammen die Töchter Adrienne und Gina.

Artikel vom 24.02.2007