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Wort zum Sonntag

Heute von Pfarrer Markus Pape

Markus Pape, Pfarrer in Harsewinkel.

Es ist eine Krankheit, die weit verbreitet ist. Nahezu eine Volkskrankheit, und ich vermute einmal, sie ist auch relativ gleichmäßig über den Globus verteilt.
Eher eine psychische als eine physische Geschichte, und bei den meisten nur auf dem langen Weg schmerzhafter Erfahrungen heilbar. Ganz »einfache« Menschen sind von ihr genauso befallen wie Staatsmänner oder andere Verantwortungsträger. Den meisten Menschen ist kaum bewusst, dass sie infiziert sind. Auch fällt die Krankheit in den allermeisten Fällen zunächst den Mitmenschen auf und nicht dem Betroffenen selbst.
Über die Ansteckungsgefahr lässt sich nichts Generelles sagen. Es hängt sehr von der eigenen Konstitution und meinem Selbstbild ab, ob von einem Infizierten eine Gefahr für mich ausgeht. Aber es ist schon zu regelrechten Seuchen mit schlimmen Folgen gekommen.
Der medizinische Fachausdruck für die Krankheit ist mir nicht bekannt. In der Umgangssprache spricht man von »völliger Selbstüberschätzung« oder beschreibt sie einem Bild und sagt: »Na, der hat aber den Mund ganz schön voll genommen.«
Einer der prominentesten biblischen Vertreter dieses Krankheitsbildes ist Simon Petrus, Jünger Jesu, einer seiner engsten Vertrauten. Er hat bitter erfahren müssen, welche Folgen diese Krankheit für das eigene Ich haben kann. Er hätte sich vielleicht noch tiefer hinein verstrickt, wenn nicht Jesus ihm die Möglichkeit eröffnet hätte, klar zu sehen und einen wahren Blick auf sich selbst zu wagen.
»Herr, ich bin bereit, mit dir ins Gefängnis und in den Tod zu gehen.« Diese Worte aus dem Mund des Petrus kennen wir. Jetzt zu Beginn der Passionszeit werden wir wieder an sie erinnert. Jesus wusste um die Krankheit des Petrus. Er wusste von der Selbstüberschätzung in diesen Worten. Jesu Antwort verhilft Petrus klar zu sehen. Nicht sofort, aber sehr schnell. Die Therapie schlägt innerhalb weniger Stunden an.
»Der Hahn wird heute nicht krähen, ehe du dreimal geleugnet hast, dass du mich kennst«, so spricht Jesus zu ihm.
Das Ende der Geschichte kennen wir. Als Petrus das Krähen des Hahnes hört, bricht er verzweifelt zusammen, weil er die schmerzliche Wahrheit über sich entdecken muss. Doch genau diese Erfahrung, dieser unverstellte Blick auf die wirkliche Situation setzt ihn später wieder in Bewegung und lässt ihn völlig kuriert seine wahre Rolle finden.
Für mich ist diese Geschichte zu Beginn der Passionszeit ein warnender Hinweis für uns alle. Denn kaum jemand ist vor dieser Krankheit gefeit. Sie zieht sich durch alle Bereiche unseres Lebens. Ein Blick auf die Diskussion über den Klimawandel und die Reduzierung des CO2 Ausstoßes genügt, um zu sehen wie weit sie verbreitet ist. Wir alle, Einzelne, Staaten nehmen den Mund ganz schön voll. Wir wissen um das, was notwendig ist. Doch auch wir machen weiter bis der Hahn kräht, bevor wir wirklich etwas ändern.
Hoffen wir, dass es früh genug ist!

Artikel vom 24.02.2007