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Ständig lernen
und kreativ sein

Im Gespräch mit Roland Damann

Lichtenau (WB). Die Wirtschaft braucht ständig neue Ideen, um sich mit ihren Produkten am Weltmarkt behaupten zu können. Der größte Teil der angemeldeten Patente stammt von mittelständischen Unternehmen. Über den Prozess von der Idee zur erfolgreichen Innovation sprach Heinz-Peter Manuel mit Roland Damann (47), Mitinhaber der Unternehmensgruppe »enviplan« und Damann GmbH & Co. KG.

Die Politik fordert Reformen für den Innovationsstandort Deutschland. Aber ist es der Politik überhaupt gegeben, Innovationen voranzubringen?Damann: Die individuelle Einstellung entscheidet über den Erfolg von Entwicklungen. Diese setzen eine offene mentale Einstellung und Handlungsbereitschaft der beteiligten Personen voraus. Kollektive Forderungen nach Reformen und Innovationen bleiben wirkungslos, solange nur noch wenige Unternehmer die von ihnen übernommenen Aufgaben in konkrete Ergebnisse umsetzen.
Eine Rückbesinnung auf die Grundwerte der Wissensarbeit und deutscher Ingenieurtugenden ist viel dringender. Wenn man bedenkt, dass mit jeder Ingenieurstelle im Betrieb statistisch gesehen weitere 1,8 Arbeitsplätze in der Forschung und 0,5 im Handel entstehen, wird die Bedeutung der Ingenieure für die Volkswirtschaft deutlich.

Was verstehen Sie unter Innovationskraft? Damann: Die Fähigkeit, ständig zu lernen und kreativ zu sein. Innovationskraft ist Teil des immateriellen Kapitals und zählt zu den wichtigsten Aktiva eines Unternehmens. Falsche Vorstellungen von Innovation führen dazu, dass potenzielle Innovationsgedanken nie gedacht werden. In den meisten Fällen bedeutet Innovation die Weiterentwicklung des Bestehenden oder die Kombination bewährter Technologien mit Neuem. Wirkliche Innovation besteht darin, dass das Gedachte mit den zur Verfügung stehenden Ressourcen in die Realität umgesetzt wird und Kunden bereit sind, dafür zu bezahlen.

Wie beurteilen Sie die Chancen für Innovatoren? Damann: Man muss mit heftigem Widerstand rechnen, wenn man etwas Neues durchsetzen will. Psychologisch gesehen lösen Innovation immer auch Ängste aus vor Veränderung und vor dem Verlust von Privilegien. Deshalb werden Innovationen anfangs meist abgelehnt und man benötigt einen langen Atem, um dennoch erfolgreich zu sein.

Handelt es sich bei dem langen Weg, den Innovatoren zurücklegen müssen, um einen Selektionsprozess für die besten Innovationen?Damann: Leider nein! Wer mit einer guten Idee zu seinem Vorgesetzen geht, wird nicht unbedingt mit offenen Armen empfangen. Damit eine neue Idee eine Chance bekommt, ist es nötig, diese dem obersten Management oder einem Politiker direkt vorzutragen und diese als Verbündete zu gewinnen. Weil nur diese den Auftrag und das persönliche Interesse haben, künftige Erfolgspositionen in Wirtschaft und Politik aufzubauen.
Ein gutes Anschauungsbeispiel ist der Einsatz von Mikroflotationen zur Abtrennung von Biomasse in der kommunalen Abwasserreinigung. Mikroskopisch kleine Bläschen werden ins Wasser geblasen, die die Feststoffe darin binden und an die Oberfläche transportieren, wo sie abgesaugt werden können.
Der Einsatz von Mikroflotationen zur Vorreinigung von öl- und fetthaltigem Abwasser oder zur Eindickung von biologischem Überschussschlamm ist in der Abwassertechnik seit langem bekannt und hat sich hundertfach bewährt. Dass das mikroflotative Verfahren aber auch, verglichen mit den verschiedenen Trenntechnologien, die bessere Alternative sein kann wenn es darum geht, die Biomasse vom gereinigten Wasser zu trennen, wird von den Entscheidungsträgern in Deutschland ignoriert.

Wie binden Sie Ihre Mitarbeiter in diesen kreativen Innovationsprozess ein?Damann: Nach unserer Erfahrung fördert der systematische Aufbau einer Werte-kultur innovatives Handeln. Stimmen die persönlichen Werte der Mitarbeiter mit den Werten der Organisation weitgehend überein, dann fühlen sich Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter wohl. Und nur wenn sich die Mitarbeitenden wohl fühlen, haben sie Lust und den Mut, ihrer Organisation das Kostbarste zu schenken: ihre Gedanken, ihre Ideen und ihr Durchhaltevermögen.

Wie vermeiden Sie Fehlschläge bei der Entwicklung innovativer Produkte?Damann: Innovationen brauchen oft Jahre bis zur Marktreife und erfordern materielle sowie personelle Investitionen. Wer alle Eventualitäten abwägen will, bis ganz sicher ist, dass es sich lohnt, ein neues Produkt auf den Markt zu bringen, kommt in der Regel zu spät. Wer innovativ sein will, muss meist mit begrenzter Rationalität entscheiden können und wollen. Innovation braucht eine gesunde Portion Unwissen.

Artikel vom 17.03.2007