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»Offenbarungseid der Politik«

CDU-Aschermittwoch: Journalist Hans-Hermann Gockel spricht Klartext

Steinhagen (fn). »So deutlich wie Sie war hier noch nie jemand«, bedankte sich am Ende CDU-Fraktionsvorsitzender Herbert Mikoteit. Und der Applaus der Besucher des Politischen Aschermittwochs zeigte, dass Gastredner Hans-Hermann Gockel auch ihnen aus der Seele gesprochen hatte.

»Deutschland - die überstrapazierte Nation« lautet der Titel des Buches, mit dem der Fernseh-Journalist hat aufhorchen lassen. Unverblümt benennt er darin die Missstände, an denen die Gesellschaft seiner Ansicht nach krankt. Ein passendes Thema also für einen politischen Aschermittwoch, der in Steinhagen inzwischen zu einer Tradition der Union geworden ist. Mit Gästen auch aus Halle und Versmold, bei herzhaftem Heringsstipp von Karl-Heinz David in der Mensa des Schulzentrums.
»Lieber ein Knick in der Karriere als im Rückrat!« Diesem Ratschlag vom journalistischen Vorbild Hanns-Joachim Friedrichs fühlt sich Hans-Hermann Gockel verpflichtet. Und in Mut zur eigenen Meinung und Zivilcourage sieht Gockel auch den einzigen Weg, wie der Einzelne noch etwas im Staate verändern könne. Ein nur sehr schwacher Hoffnungsschimmer angesichts der Probleme, die er skizzierte und die in der Abwendung der Bürger von diesem politischen System gipfeln. »Nur noch jeder Zweite ist der Ansicht, dass die Demokratie die beste aller Staatsformen ist«, berief sich der N 24-Nachrichtenmann auf aktuelle Umfragen.
Als Gründe für Politikverdrossenheit nannte Gockel das Berliner Gezerre um Gesetze, etwa bei der Gesundheitsreform. »Zwei Dinge will eigentlich niemand wissen - wie Würste gemacht werden und wie Gesetze«, spitzte er zu. Die Ergebnisse müssten stimmen, und das wäre allzu oft nicht der Fall, siehe die Hartz-Reform, von der sich die Bürger verraten fühlten. Dazu komme der Unterschied zwischen der normal arbeitenden Bevölkerung und Politikern, was die Gehälter und Renten anginge. Wenn eine Frau, die 13 Jahren als Krankenpflegerin arbeitet und danach Kinder großzieht, 340 Euro Rente bekomme, eine Frau nach 13 Jahren Berufspolitik aber mehr als 6000 Euro - das sei einfach nur noch »obszön«, so Gockel.
Er sprach auch »eines der großen Tabus in der Gesellschaft« an, nämlich die Probleme, die nicht-integrationswillige Ausländer verursachten. »Organisiertes Plündern der öffentlichen Kassen« nannte es Gockel etwa, wenn deutsche Krankenversicherungen auch noch die Zweit- und Drittfrauen von muslimischen Mitbürgern mittragen sollen. Die »Zwangsjacke der politcal correctness« verhindere aber eine freie und ehrliche Diskussion darüber. »Kasse machen und gleichzeitig diese Gesellschaft verhöhnen, das geht nicht«, bezog Gockel deutlich Stellung. Die Politiker beklagten inzwischen auch diese Zustände -Êfür die sie selbst verantwortlich seien. »Ein Offenbarungseid der Politik«, sagte Gockel und erntete langanhaltenden Applaus.

Artikel vom 23.02.2007