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Wort zum Aschermittwoch

Von Pfarrer Dr. Dr. Markus Jacobs

Markus Jacobs ist Pfarrer in der Katholischen Kirchengemeinde Heilig-Geist.

Die eigene Vergänglichkeit ist für den Menschen nicht leicht anzunehmen. Wenn mit den Jahren die Schmerzen beginnen, wird dies wie ein Warnsignal empfunden. Gewöhnlich ist dann unser Bemühen darauf ausgerichtet, den Verfall möglichst weit nach hinten zu schieben. Welche Kapriolen dies in Zeiten von Lifting und Schönheitsoperationen schlagen kann, ist jedem bekannt.
Fragt man Mediziner, dann setzt bereits ungefähr um das achtzehnte Lebensjahr herum ein biologischer Prozess ein, der statt auf Wachstum des Körpers eher auf Stabilisierung ausgerichtet ist. Was erst - wie z.B. in den Knochen durch Verhärtung - stabilisiert wird, nimmt dann unmerklich schon bald auch ab. Der Verfall ist eigentlich unaufhaltsam.
Der Geist des Menschen verfolgt auf den ersten Blick eine andere Entwicklungskurve, denn immer mehr Informationen und Erfahrungen werden von Menschen im arbeitsfähigen Alter verarbeitet. Jeder weiß aber auch, dass die Merkfähigkeit und Aufnahmekapazität von Kindern schon selbst von Jugendlichen nicht mehr erreicht werden. Und irgendwann wird bei fast allen Menschen auch der Geist merklich schwächer.
Die Fastenzeit beginnt mit einem Tag, der »Aschermittwoch« genannt wird. Diesen Namen hat er von dem Brauch, an diesem Tag beim gemeinsamen Gebet der Christen in der Kirche Asche auf den Kopf gestreut zu bekommen. Oft wird diese Asche auch in Kreuzform auf die Stirn gezeichnet.
Zwei deutende Worte können in diesem Moment der Bezeichnung mit der Asche gesprochen werden. Das eine lautet: »Bedenke, Mensch, dass du Staub bist und wieder zum Staub zurückkehren wirst.« Das andere Wort lautet: »Bekehrt euch und glaubt an das Evangelium«.
Das erste dieser Worte greift auf die biblische Schöpfungsgeschichte zurück. Denn dort war im Bild des Staubes die völlige Machtlosigkeit des Menschen beschrieben worden, sich selbst das Leben zu geben. Gott statt dessen hatte Staub genommen, das Wertloseste Material also, was man sonst gewohnt ist, mit Füßen zu treten, und hatte diesem Nichts sein Leben eingehaucht. Erst durch dieses Anhauchen wurde Leben. Und schon gleich beim Verlassen des Paradieses gibt nun Gott diesen Wesen »Mensch«, die nur von seiner Gnade her leben, mit auf den Weg: »Bedenke, dass du Staub bist und wieder zum Staub zurückkehren wirst.« (Gen 3,19) Anders ausgedrückt: Mensch, vergiss deine Herkunft nicht und denke ebenso daran, dass du nicht ewig leben wirst.
Dieser inneren Wirklichkeit ihres Lebens stellen sich Christen zu Beginn der Fastenzeit. Die Frage lautet somit: Lebe ich eigentlich so, dass ich mit meiner Vergänglichkeit angemessen umgehe? Lebe ich so, dass ich bestehen könnte, wenn ich - was sich niemand wünscht - schon heute wieder endgültig vor diesen Schöpfer meines Lebens hintreten müsste?
Das zweite Deutewort zeigt die eigentlich unendlich hoffnungsreiche Perspektive auf. Denn der nüchterne Realismus angesichts der eigenen Vergänglichkeit wurde ja durch die Offenbarung Jesu in ein alles überstrahlendes Licht von Lebensperspektive trotz allen Verfalls gestellt. Aus dem Mund Jesu stammt nämlich das Wort »glaubt an das Evangelium« (Mk 1,15).
Das Evangelium ist genau die gute Botschaft von der unendlichen Liebe dieses Schöpfergottes, der seine Kinder selbst aus dem Tod wieder herausrufen wird. Wem diese eigentliche Lebensperspektive in den Hintergrund gerutscht ist und wer angesichts einer solchen Liebe Gottes selbst eine neue Lebensantwort geben möchte, dem gilt die aufrüttelnde Aufforderung Jesu: »Bekehrt euch!«

Artikel vom 21.02.2007