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Große Hoffnung »Sünne Peider«

Präsident des Deutschen Schaustellerbundes (DSB) über Preise, Kosten und Co.

Von Heiko Johanning
Versmold (WB). Für Albert Ritter, den Präsidenten des Deutschen Schaustellerbundes (DSB), hat der St. Petri-Markt weiterhin Zukunft. »Solche kleinen Traditionsfeste wie Sünne Peider sind unsere große Hoffnung«, sagt er in einem Gespräch mit dem WESTFALEN-BLATT. Der St. Petri-Markt 2007 findet in der Zeit vom 23. bis 25. Februar in der Versmolder Innenstadt statt.

»Volksfest - wir haben Herz und ein Gesicht« lautet der aktuelle Slogan des DSB. Für Albert Ritter eine wichtige Aussage: »Der Slogan ist das Ergebnis aus einer Marketingstudie, die wir in Auftrag gegeben haben. Bei 178 Millionen Besuchern im Jahr haben die Volksfeste und Weihnachtsmärkte in Deutschland nach wie vor einen guten Zulauf. Das Volksfest ist des Deutschen liebstes Kind. Jedoch bedeuten volle Innenstädte oder Festwiesen nicht gleich volle Kassen. Hier klafft die Schere immer weiter auseinander. Es gibt viele Sehleute innerhalb der Besucherschaft, aber keine zahlenden Leute.«
Über die Studie habe sich der DSB jetzt neue Besucherschichten erschließen lassen: »Es gibt immer mehr junge Alte und weniger Kinder. Diesem Trend müssen wir Schausteller uns auch beugen und brauchen weniger Frauenparkplätze oder Babywickelräume auf den Märkten als beispielsweise romantische Abende ohne Techno-Musik und Doppel-Looping. Viele Menschen möchten in aller Ruhe über die Festmeile gehen, etwas essen oder trinken und sich dabei unterhalten. Für uns ist das eine neue Servicequalität«, umschreibt Ritter die Aufgabe der Schausteller, der man sich stellen müsse. »Aus diesem Grund haben wir bislang 800 Schausteller in Sachen Servicequalität geschult. Das betrifft auch die Kollegen, die während des Betriebs der Fahrgeschäfte direkt mit den Kunden zu tun haben.«
Der Schaustellerbund hat in den vergangenen Jahren auch andere Herausforderungen angenommen: Die Kosten für Energie sind gewaltig gestiegen. Bislang ist von den Schaustellern noch niemand auf die Idee gekommen, sein Fahrgeschäft nicht mit Strom, sondern vielleicht mit Pferden anzutreiben. »Dabei stehen die Leute immer mehr auf Nostalgie. Der Slogan »Immer höher, schneller und weiter« ist out, heute steht Nostalgie auf der Tagesordnung. Niemand wird mehr belächelt, wenn er mit seinem kleinen Kinderkarussell ankommt oder in die gemütliche Raupe steigt. Dann kommen Erinnerungen auf und viele junge Ältere werden sagen: Da haben wir uns doch vor langen Jahren kennen gelernt!«
Die höheren Energiekosten für die Geschäfte wollen die Schausteller natürlich nicht auf die Preise schlagen. »Das Volksfest muss für alle bezahlbar sein und bleiben. Natürlich würde ich gerne mein Bier für 50 Cent verkaufen. Aber das geht nicht mehr. Doch irgendwo ist Schluss und so müssen sich viele Kollegen von uns an die Decke strecken.« Leider verzeichne der Deutsche Schaustellerbund auch Geschäftsaufgaben innerhalb der Schausteller: »Das ist leider so, aber nicht zu umgehen. Auch Familienbetriebe können die hohen Kosten nicht mehr so ohne weiteres abfangen. Da muss man dann schon an den Gewinn heran«, schildert Ritter die aktuelle Situation.
Aus diesem Grund versteht er auch nicht, dass es immer noch Kollegen gebe, die sich neue Fahrgeschäfte bauen lassen oder immense Investitionen tätigen: »Die sind für mich verrückt. Natürlich werden solche Geschäfte hoch gehandelt. Aber da steigt doch kaum jemand mehr ein. Hier wird vermeintlich Nervenkitzel entwickelt.« Aber Nerven müssten die Betreiber zeigen, wenn sie merken, dass ihr Geschäft nicht sonderlich gehe.
Deutschland ist und bleibt das Land mit den meisten Volksfesten. »Wenn man bedenkt, dass es jenseits der Landesgrenze in Holland überhaupt keine Weihnachtsmärkte gibt, die Nürnberger Kirmes aber mit Chicago korrespondiert und es auch in England losgeht mit deutscher Traditionskirmes, bleibt Deutschland der Hit in Sachen Volksfeste.« Auch in Polen und Tschechien sei der Festvirus, so Ritter, mittlerweile entfacht.

Artikel vom 22.02.2007