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Clevere Köpfe mit Kaffee und Klingel

Gymnasiasten Martin Flachmann und Milan Spendel mischen deutschen Physikwettbewerb auf

Werther (mapu). Martin Flachmann (12) und Milan Spendel (11) hatten noch nie in ihrem Leben etwas von Hebelgesetzen gehört. Wie auch? Das Thema wird erst im Physikunterricht der Jahrgangsstufe neun behandelt - und die beiden sind gerade einmal in der sechsten Klasse des Evangelischen Gymnasiums. Doch einfach aufzugeben hätte das sofortige Aus im bundesweiten Physikwettbewerb bedeutet - undenkbar!
Darum schnappten sich die beiden ein weiterführendes Mechanik-Buch und »übersprangen« auf autodidaktischem Wege mal eben drei Schulklassen. Mit dem neu erworbenen Wissen über Drehmomente und Co. konnten sie dann auch ermitteln, wo sich der dicke »Onkel Ole« auf einer kompliziert konstruierten Wippe zu platzieren hat, um mit seinen drei auf der anderen Seite sitzenden Nichten ins Gleichgewicht zu kommen.
Dass sich Martin und Milan ohne die hilfreichen Theoriekenntnisse erfolgreich durch die an dieser Stelle extrem vereinfacht ausgedrückte Aufgabenstellung wuselten, steht für ihr Engagement und Durchhaltevermögen im gesamten Wettbewerb. Denn im bundesweiten Physik-Vergleich, ausgerichtet vom Verein zur Förderung des mathematischen und naturwissenschaftlichen Unterrichts (MNU), traten die jungen Wertheraner überwiegend gegen ältere Schüler-Kontrahenten an.
»Unglaublich« findet auch Schulleiterin Barbara Erdmeier, dass sich ihre beiden Sechstklässler gegen unzählige Gegenspieler aus ganz Deutschland durchsetzten, obwohl sie erst seit einem halben Jahr Physikunterricht erhalten - und am Ende auf Platz drei landeten. Ihr Physiklehrer Dr. Jörg Meya brachte das aufgeweckte Duo im vergangenen Oktober auf die Idee, beim Wettbewerb für die Sekundarstufe I mitzumachen. »Wie eigenständig die beiden sich dort behaupteten, ist aller Ehren wert«, lobt Meya seine Zöglinge.
Schließlich hatten sie neben dem Wippen-Szenario noch zwei weitere Aufgaben zu bewältigen. Eine davon beschert vor allem leidenschaftlichen Fans von Milchkaffee eine interessante Erkenntnis: »Wir fanden heraus, dass der Kaffee viel schneller abkühlt, wenn man die Milch nach einer Weile erst kurz vor dem Trinken hinzugibt«, hat Milan für alle morgendlichen Hektiker, die sich nicht vorm Sprung zur Arbeit verbrühen wollen, einen Tipp parat. »Wer sein Getränk dagegen länger heiß halten will, sollte die Milch direkt nach dem Kochen reinschütten.«
Während beim Kaffee gezielte Experimente zum Erfolg führten, war für die dritte Aufgabe viel Kreativität gefragt. Es galt, eine elektrische Klingel-Anlage zu konzipieren, die bei Aktivierung einen nicht durchgängigen Ton von sich gibt - ohne handelsübliche Teile übrigens. Also besorgten sich Martin und Milan einen Modellbahn-Trafo, ein Sägeblatt, eine alte Fahrradklingel und bastelten aus einer Schraube und Kupferdraht einen Elektromagneten. Heraus kam eine Konstruktion, die frequenzartig den gewünschten Klingelton hervorbringt.
Schulleiterin Barbara Erdmeier belohnte die fleißigen Nachwuchsforscher mit einem üppigen Experimentierkasten und merkte vor den Mitschülern der Klasse 6 c an: »Bald startet der nächste Wettbewerb - macht doch auch mal mit!«

Artikel vom 15.02.2007