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Im Pulverschnee-Nirwana
Kanada bietet Abfahrern beim Heliskiing eine andere Dimension
Skifahren und Boarden ohne Ende? Von morgens bis zum Sonnenuntergang die Pisten runterbügeln? Die Traum-Kombi, das Non-Plus-Ultra findet sich im äußersten Westen Kanadas.
Teil eins beginnt nach zweistündiger Autofahrt von Vancouver über den Highway 99 in Whistler, British Columbia.
Whistler, Austragungsstätte der olympischen alpinen Wettbewerbe 2010, liegt zwar nur 675 Meter hoch - aber neun Meter durchschnittlicher Schneefall sprechen eine beeindruckende Sprache. Mehr als 200 Pisten (25 Prozent für Experten, 55 Prozent für Fortgeschrittene, 20 Prozent für Anfänger) verteilen sich in dem drei Hektar großen Skiareal auf ein heißes Berg-Duo: Whistler und Blackcomb Mountain. Der »Vertical Drop« von satten 1609 Metern vom Blackcomb hinunter lässt die Oberschenkel schon mal richtig glühen.
Mit Country Music wird man im »Rendezvous« an der Blackcomb Mountain Mittelstation empfangen. Und von feschen »Seat-Seakers«, die einen ruckizucki zu einem freien Sitzplatz geleiten und dort kostenlos frisches Leitungswasser kredenzen. Was für ein Service!
Abwechslung muss sein - man muss ja seine Kräfte einteilen. Und die findet sich beim Window-Shopping an 200 Geschäften und in 80 Restaurants. Von der Pommesbude bis zum Haubenrestaurant - jeder Geldbeutel findet seine passende Lokalität. Pastafreunde zieht es in die Old Spagetti Factory. Grillgourmets treffen sich im Munks Grill. Kleidervorschrift ist in Whistler definitiv ein Fremdwort.
Und dann wieder auf den manikürten, perfekt zubereiteten Pisten downhill pesen. Schließlich ist das die perfekte Vorbereitung auf Teil zwei der Über-Kombi. Die Rede ist vom Heliskiing. Von Heli-Tagestrips. Mit Hubschraubern hinauf ins Unberührte - und dann hinab auf der Droge Pulverschnee. Mit etwa 400 Euro für drei »Runs« ist so ein Tag zwar nicht gerade geschenkt (Extra-Run kostet zirka 45 Euro), man hat aber die Möglichkeit, sich den Tag auszusuchen, den perfekten Tag!
Der findet sich bei »Whistler Heliskiing« mit der Wettervorhersage für die nächsten Tage. Der Daumen geht nach oben, Großwetterlage bestens, kein Wind - und eintauchen in das fantastischste Abenteuer seit Erfindung des Schnees. Das »Einfahren« auf Whistlers Pisten ist ja schon eine Nummer für sich. Aber das Gleiten auf unberührten Hängen im Niemandsland zwischen Zivilisation und Yeti ist eine Schau.
Doch selbst das lässt sich noch steigern: mit TLH Heliskiing. Da sind nämlich gleich Zwei-, Drei-, Vier-, Fünf- und Sieben-Tage-Arrangements buchbar. Ein Shuttlebus bringt die Pistenüberdrüssigen auf dem Highway 99 weiter Richtung Norden. Gute sechs Stunden dauert die Fahrt durch das Pemberton Valley und die Coast Cariboos, vorbei an Indianersiedlungen, bis zur Tyax Mountain Lodge, Basis von TLH Heliskiing. Wer schneller in die Einsamkeit gebeamt werden will, kann sich auch von Whistler (oder sogar Vancouver) direkt mit dem Helikopter einfliegen lassen.
Die luxuriöse Tyax Lodge im Blockhaus-Stil liegt am Ufer des Tyaughton Sees inmitten der South Chilcotin Mountains. Die Helikopter sind buchstäblich vor der Türschwelle geparkt. In westlicher Richtung über den See bleibt der Blick an einem spektakulären Panorama haften: einer riesigen Fläche von Gletschern, Überreste der Eiszeit. Im Osten liegt die hügelige, trockene Fraser-Hochebene. Zwischen diesen beiden Zonen operieren die fliegenden Himmelsleitern in zehn verschiedenen Bergketten auf einer Fläche von gut 3500 Quadratkilometern und setzen die Ski-Nomaden aus aller Welt in ihrem pulvrigen Nirwana für eine der 300 Abfahrten ab.
Hier oben fallen jährlich bis zu 18 Meter Schnee - das ergibt eine durchschnittliche Höhe während der Skisaison von drei bis vier Metern. Ab in die Berge geht es mit einem Bell 212 oder Bell 205 Helikopter für Gruppen bis zu elf Heliski- oder Board-Freaks. Für kleinere Gruppen stehen auch A-Star und Bell 206 Long Range Helikopter Gewehr bei Schnee. Wird man dann irgendwo da oben im weißen Delirium abgesetzt und surft so einen jungfräulichen Hang mit seinen ultrabreiten »Fattys« genussvoll ab, ja dann machen sich Gefühle breit, die schier unbeschreiblich sind. Frank Heinzl

Artikel vom 24.02.2007