08.02.2007 Artikelansicht
Ausschnitt Zeitungsausschnitt
Drucken Drucken

 

Borgholzhausen im Rampenlicht

»Mein alter Freund Fritz« am 26. Februar im ZDF - Interview mit Starregisseur Dieter Wedel

Borgholzhausen (WB). Am Montag, 26. Februar, ist es soweit. Um 20.15 Uhr zeigt das ZDF den neuen Film von Starregisseur Dieter Wedel. »Mein alter Freund Fritz« - Teile des Films, in dem der Krankenhaus-Betrieb mit all seinen Problemen dargestellt wird, wurden bekanntlich in Borgholzhausen in den Serpentinen Richtung Melle gedreht. Mit Dieter Wedel sprach Monika Liegmann.

Es gibt viele Geschichten, die in Krankenhäusern spielen. Worin unterscheidet sich Ihr Film von den anderen?
Dieter Wedel: In zahlreichen Arztgeschichten, die durchaus erfolgreich im Fernsehen laufen, wird ein ziemlich irreführendes Bild vom Krankenhaus-Alltag ge-zeichnet: Ärzte haben alle Zeit der Welt, um sich um ihre Patienten zu kümmern. Tatsächlich verbringen sie aber inzwischen mehr Zeit am Computer, um Verwaltungsaufgaben zu erledigen, als am Krankenbett. Wegen des allgemeinen Kostendrucks sind sie zur Fließbandarbeit gezwungen - immer mehr Patienten sollen in immer kürzerer Zeit von immer weniger Ärzten behandelt werden. Viele fühlen sich inzwischen mehr als Händler statt als Heiler.

Haben Sie nach Ihren Recherchen Angst, sich selber in ein Krankenhaus zu legen?
Dieter Wedel: Ich glaube, dass viele Ärzte mit einem riesigen Kraft- und Zeitaufwand, der ihnen nicht annähernd bezahlt wird, versuchen, dem Patienten eine optimale Behandlung zuteil werden zu lassen. Aber natürlich ist es schon irritierend, wenn ökonomische und wirtschaftliche Überlegungen die medizinischen manchmal zu überlagern scheinen.

Können Sie verstehen, warum Ärzte auf die Straße gehen?
Dieter Wedel: Aber natürlich. Überverwaltung und Überregulierung, das Problem in vielen Bereichen unserer Gesellschaft, haben längst die Krankenhäuser er-reicht. Mir ist schon klar, dass inzwischen kein Betrieb mehr überleben kann ohne Berücksichtigung ökonomischer Gesichtspunkte. Aber darf der Profit im Krankenhaus, einer Zeitung, der Feuerwehr oder meinetwegen auch in unserem Beruf der einzige Maßstab für Erfolg sein? Wohl kaum.

Sie sprechen in »Mein alter Freund Fritz« auch ein Tabu-Thema an: den Tod. Ist das ein Tabu?
Dieter Wedel: Es wird doch dauernd im Fernsehen gestorben. Überwiegend in Krimis. Der Tod gehört zum Leben. Thomas Mann hat gemeint, der Tod sei die intensivste Form des Lebens. Er kommt nun mal auf jeden von uns zu, auch wenn wir das immer wieder zu verdrängen versuchen. Dass irgendwo und irgendwann dem medizinisch Machbaren Grenzen gesetzt sind, dass nichts mehr geht, wollen viele Patienten, aber auch viele Ärzte nicht akzeptieren. Die empfinden den Tod als berufliche Niederlage, wollen Patienten möglichst vor deren Ableben vom OP-Tisch haben, weil die ihnen sonst die Statistik verhageln. Das ist ja auch das Problem von Harry Seidel, dem Chefarzt aus meinem Film; er läuft vor dem Tod davon und lässt seine Patienten allein. Für die Sterbeszene hatten wir übrigens das Glück, einen solch wundervollen Ausnahme-Schauspieler wie Otto Schenk zur Verfügung zu haben.

Neben der schonungslosen Beschreibung des Krankenhausalltages erzählen Sie auch eine Geistergeschichte.
Dieter Wedel: Das ist außergewöhnlich. Gerade das scheinbar Unvereinbare miteinander zu verknüpfen - die investigative gesellschaftskritische Geschichte und die Geisterge-schichte - etwas, was meines Wissens noch nie vorher versucht wurde - genau das macht den Reiz aus. Wir alle müssen mit unserer Endlichkeit und den zahlreichen unbeeinflussbaren Einflüssen, denen unsere Existenz ausgesetzt ist, fertig werden. Die Wissenschaft erklärt uns, wie die Dinge ablaufen, aber nicht warum. Fragen wie Was tun wir hier auf der Erde? Ist das Leben sinnlos, dem bloßen Zufall ausgesetzt, oder verbirgt sich dahinter ein schicksalhafter Plan? - tauchen in den meisten meiner Filme immer wieder auf.

Glauben Sie persönlich, dass noch etwas nach dem Lebensende kommt?
Dieter Wedel: Das muss jeder mit sich selbst ausmachen. Was ich dazu zu sagen habe, habe ich im Film erzählt. Tolstoi hat gesagt, er glaube nicht, dass Gott mit Religion zur erklären sei, aber vielleicht mit den Schönheiten und Wundern dieser Welt. Damit kann ich etwas anfangen. Die Erzählstruktur des Films ist ungewöhnlich. Zunächst war neu für mich, nicht zu erzählen, was genau passiert ist, sondern passiert sein könnte. Darum die gespielte Dokumentation, in der verschiedene Leute, Gegner und Freunde von Harry Seidel, über die merkwürdigen Ereignisse berichten, die sich vor einiger Zeit im Krankenhaus zugetragen haben. Wird aus der Perspektive dieser Berichterstatter erzählt, ist der Geist nicht zu sehen. Harry Seidel spricht mit der Luft. Erst wenn der Zuschauer die Geschichte aus dessen Perspektive erlebt, vermag er auch Fritz zu sehen.

Warum haben Sie erst jetzt mit Veronica Ferres zusammengearbeitet, obwohl Sie sie lange persönlich kennen?
Dieter Wedel: Ich könnte einfach sagen: Es musste die passende Rolle sein. Aber da ist noch etwas anderes. Ich mag diese tolle Frau und habe mit großer Bewunderung ihren Aufstieg zum deutschen Superstar verfolgt. Ich mag ihre Offenheit, ihre Neugier, ihren wachen Verstand und ihren Humor, vor allem aber ihre Warmherzigkeit, die in allen Rollen immer wieder durchschimmert. Wenn man jemanden persönlich so schätzt, fürchtet man, die Zusammenarbeit könnte nicht funktionieren und eine langjährige gegenseitige Wertschätzung beschädigt werden. An unserem ersten gemeinsamen Drehtag war ich richtig aufgeregt, und Vroni hat mir später gestanden, dass sie ähnlich empfunden hat. Gottlob haben sich aber alle Befürchtungen als grundlos herausgestellt. Neben ihrer beeindruckenden Fähigkeit, als kraftvolle Frau alle Widerstände um sich herum zu bezwingen, kann sie auch Hilflosigkeit ganz wunderbar vermitteln und dabei sehr komisch sein.

Artikel vom 08.02.2007