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»Ich bin nur ein kleines Sandkorn«

Die französische Chanson-Diva Juliette Gréco wird heute 80 Jahre alt


Paris (dpa). Sie ist die letzte große Chansonnette Frankreichs, poetisch und dabei resolut, elegant und verspielt. Melancholie in ihren dunklen Augen, das blasse Gesicht umrahmt von schwarzer Haarpracht, in enge Hosen und einen schwarzen Pullover gezwängt - so saß Juliette Gréco einst, 20 Jahre jung, auf einem zufälligen Foto vor der Kirche Saint-Germain-des-Prés. Dieser Schnappschuss sollte die Sängerin nach dem Krieg zur Symbolfigur der jungen Rebellen in Paris machen. Dann wurde sie als »Grande Dame de la Chanson« zum Markenzeichen. Heute feiert sie ihren 80. Geburtstag.
Auf ihrem jüngsten Album »Le Temps d'une chanson« lässt sie sich erstmals von einem Jazz-Orchester begleiten. Sie gibt Konzerte und pestet gegen die Rechtsextremen von Jean-Marie Le Pen - energisch wie eh und je. »Ich bin nur ein kleines Sandkorn«, sagte sie einmal, »und zum Chanson bin ich ganz zufällig gekommen - so wie ein Vogel sich auf einen Ast setzt«. Die Turbulenzen kurz nach dem Weltkrieg haben so manche Weichen gestellt. »Wie ist es nun, Gréco, singen Sie jetzt?«, fragte Jean-Paul Sartre die Südfranzösin aus Montpellier, die sich zu seinem Existenzialistenkreis gesellt hatte. Auch Albert Camus und Francois Mauriac schrieben Lieder für sie.
Das Saint-Germain-des-Prés der Gréco und der Existenzialisten ist lange Vergangenheit. Die Sängerin lebt auf einem Bauernhof unweit von Paris. Ein Herzanfall auf der Bühne zeigte ihr im Mai 2001 die Grenzen ihrer Energie. Ihre Lieder (etwa 50 Platten hat sie eingespielt) begeistern und faszinieren aber immer noch, auch in Deutschland. Vor allem dank ihrer einzigartigen Interpretation.

Artikel vom 07.02.2007