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Liebes-Seufzer und Tränen der Trauer

Barockabend ließ Zuhörer schwärmen

Halle (WB). Spätestens das Liebeslied von John Dowland ließ wohl auch den letzten Zuhörer dahinschmelzen. Das wunderschöne Stück vom Beginn des 17. Jahrhunderts, das der englische Popmusiker Sting vergangenes Jahr in die Charts katapultiert hatte, kam in der Version der »Hamburger Ratsmusik« aufs Schönste zur Geltung - eine Kostbarkeit zum Abschluss eines kurzen, aber hinreißenden Barockkonzerts.

»Ach, dass ich Wassers gnug hätte«: Der Bach-Tage-Abend mit dem sechsköpfigen Ensemble und Tenor Henning Kaiser, dessen Stimme das Bach-Tage-Publikum schon vor drei Jahren bezaubert hatte, war einer zum Schwärmen. Was übrigens in den Bänken der Haller Johanniskirche auch durchaus beobachtet werden konnte.
Die »Hamburger Ratsmusik« verlieh den starken Gegensätzen des Zeitalters erkennbar Gestalt. Tänze und Todessehnsucht, Lebenslust und das Wissen um die Endlichkeit -Êdie reinen Quinten und Terzen der technisch souveränen »Ratsmusik«, ihre historisch gestimmten Instrumente, die obertonreichen Klänge malten Klangbilder von großer Schönheit. Simone Eckert führte nicht nur selbst brillant den Bogen über die Saiten ihrer Violen da gamba. Feinfühlig verstand sie es auch, ihr Instrument exzellent Zwiesprache halten zu lassen mit den Gamben von Frauke Hess, Barbara Hofmann und Hermann Hickethier, der Orgel von Michael Fuerst und der langhalsigen Theorbe von Ulrich Wedemeier.
Ach, diese dünnwandigen, kapriziösen Instrumente! Kaum hatten sie ein, zwei Stücke gespielt, mussten die Musiker nachstimmen.
Besser als womöglich zusätzliche Tränen zu vergießen. Denn das hatten die Dichter schon besorgt, deren Verse von Johann Schop (ca. 1590 bis 1667) und Johann Christoph Bach (1642 bis 1703) vertont worden waren, allen voran Johann Risten, dessen Geburtstag sich zum 400. Mal jährt.
Henning Kaisers wunderbar klare Stimme, die sich mühelos in die Höhen schwang, interpretierte die Verse lebendig, präzise und gut verständlich. »O Ewigkeit, du machst mir bang. O ewig, ewig ist so lang«. Begleitet wurde er einmal von der Orgel wie bei Schops »O Ewigkeit du Donnerwort«, einmal nur von der Theorbe, meist aber auch warmen Gambenklängen.
Ein Konzert der bitter-süßen Seufzer, gepaart mit hanseatischer Kühle. Die »Ratsmusik« ist nach wie vor den Zielen ihrer elitären Gründer verpflichtet: Gott zu Ehren, Hamburg zur Lust, Ergötzlichkeit und Nutz. Die »Himlischen Lieder« aus Ristens Gesangbuch, Schops »Paduana« und »Galliard« oder das abschließende Lamento für Tenor, vier Violen und Basso Continuo, das dem Abend seinen Namen gab, boten ihnen dazu prächtige Anknüpfungspunkte. Klaudia Genuit-Thiessen

Artikel vom 07.02.2007