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»Heimat ist viel mehr als ein Wort«

Für den Pium-Experten Siegfried Scholz ist Weltverständnis nicht ohne Ortskenntnis möglich

Von Antje Kreft (Text und Fotos)
Borgholzhausen/Dissen (WB). »Wer seine Heimat kennt und versteht, der weiß auch, was in der Welt passiert«, sagt Siegfried Alexander Scholz. Für den pensionierten Lehrer gehören Heimat und Kultur, Heimat und Geschichte untrennbar zusammen. Diesen Zusammenhang möchte er auch im Rentenalter für andere Menschen erfahrbar machen. Er hat zahlreiche Bücher zum Thema veröffentlich - Sachbücher genauso wie Kurzprosa.

Vor fünf Jahren legte Siegfried Scholz, der - vertrieben aus seiner niederschlesischen Heimat Hohenfriedeberg - im Juli 1946 in Borgholzhausen ansässig wurde, ein 696-Seiten-Werk über die Lebkuchenstadt unter dem Titel »Zeiten und Menschen: Borgholzhausen und Kroe« vor.
Seine in Feinarbeit recherchierte Spurensuche beginnt in der Zeit des Erdmittelalters vor mehr als 200 Millionen Jahren. Damals tummelten sich noch Bastardsaurier im Teutoburger Wald, wie das nördliche Ufer des ehemaligen Münsterschen Kreidemeerbusens seit dem 14. Jahrhundert genannt wird. Zuvor war der Gebirgszug besser als »Osning« bekannt (»Göttergebirge«). Im 4. Jahrhundert vor Christus hielt die germanische Götterverehrung in Pium Einzug. Vermutlich hat es im Ortskern eine der Göttin Tanfana geweihte Kultstätte gegeben. »Die Tanfanastraße kann als Hinweis auf diese Überlieferung gelesen werden«, sagt der 74-Jährige.
Siegfried Scholz beleuchtet das Leben in der Lebkuchenstadt bis zur Entdeckung der weltweit größten Ansammlung von Riesenammoniten. Das 90 Millionen Jahre alte Gestein hatte vor sechs Jahren nicht nur bei Wissenschaftlern Begeisterungsstürme ausgelöst. Die Fossilien sind im Heimathaus, das vor fünf Jahren eingeweiht wurde, zu besichtigen.
Weitere Themen im großen »Pium-Kompendium« sind etwa die Auseinandersetzungen zwischen Franken und Sachsen, die Grafen von Ravensberg, der Gutsbezirk Brincke, die Entwicklung der Borgholzhausener Ortsteile, das Steinwerk (heute Haus Welpinghus), Hof Kemner in Wichlinghausen, Margarinefabrik, Schulze Lebkuchen sowie der »Graue Renner« mit Schaffnerin Lotti Leeker. Auch wer endlich wissen möchte, warum Borgholzhausen auch »Pium« genannt wird, wird fündig.
Besonders intensiv hat sich der 74-Jährige mit den Künstlern in Borgholzhausen beschäftigt, allen voran Walter Kroemmelbein (genannt »Kroe«). Mit ihm war Scholz vier Jahrzehnte lang bis zu dessen Tod 1988 eng befreundet. Die Männer lernten sich während Scholz' Studienzeit am Pädagogischen Institut Darmstadt kennen, wo Kroe als Dozent für Kunsterziehung tätig war. In Borgholzhausen kreuzten sich ihre Wege wieder. »Von ihm habe ich viel gelernt, er hat mir die Welt zur Kunst noch mehr geöffnet«, erinnert sich Scholz, der schon seit frühester Kindheit selbst gerne zum Bleistift griff.
Mit »Borgholzhausen im Zeitwandel« legte der Autor bereits vor 21 Jahren ein Buch über Pium vor. Auch mit dem benachbarten Dissen, in dem er und seine Frau Waltraud seit 30 Jahren leben, hat sich Siegfried Scholz ausführlich beschäftigt und Bücher zum Thema veröffentlicht.
Von seinem neuesten Buch sind bereits mehr als 340 Seiten fertig, etwa 400 sollen es werden. Darin hat er sich seiner eigentlichen Heimat vor der Vertreibung 1946 gewidmet. Scholz: Es geht um Schlesien und den Künstler Fedor Sommer. Weitere Informationen über Siegfried Alexander Scholz gibt es im Internet.
www.s-a-scholz.de

Artikel vom 03.02.2007