01.02.2007 Artikelansicht
Ausschnitt Zeitungsausschnitt
Drucken Drucken

 

Jupp Heynckes tankt voll und geht

Arminias Wunschtrainer Luhukay kommt -ĂŠaber mit dem falschen Verein

Von Friedrich-Wilhelm Kröger
Mönchengladbach (WB). Wenn es denn stimmt, dass Jos Luhukay der Wunschkandidat für die Nachfolge von Thomas von Heesen gewesen ist, dann kommt der Niederländer tatsächlich zum DSC Arminia. Etwas zu früh allerdings, nur für 90 Minuten und dann noch mit dem falschen Verein.

Am Samstag besetzt Luhukay in Bielefeld die Borussen-Bank und soll dafür sorgen, dass Mönchengladbach einen Schritt aus dem Tabellenkeller macht. Einen Cheftrainer hat der Vorletzte der Liga seit 0.30 Uhr am Mittwoch Morgen nicht mehr. Zu dieser Zeit entschied sich Jupp Heynckes zur Aufgabe. Dies war sein Ergebnis, weil ihm das Resultat seiner Mannschaft am Abend zuvor fast keine andere Wahl mehr gelassen hatte. Das enttäuschende 0:0 gegen den 1. FC Nürnberg machte das Dutzend siegloser Spiele voll.
Wahrscheinlich kam Heynckes der Entlassung nur zuvor. Mit notdürftigen 16 Punkten gab der 61-Jährige seinen Vertrag bis 2008 zurück und ersparte seinem Heimatverein auch jegliche Form einer Abfindung. Heftig dementiert wurde, Assistent Luhukay sei schon mit dem Hintersinn verpflichtet worden, Heynckes zu beerben. »Das stimmt nicht. Meine Person ist auch nicht wichtig. Wichtig ist, jetzt zu punkten und nicht abzusteigen«, sagte der von seinem Boss selbst für den Job an dessen Seite vorgeschlagene Luhukay. Den festen Zuschlag bekommt er auch noch nicht. Bielefeld ist die Bewährungsprobe.
Heynckes aber mochte nicht mehr, zermürbt von der sportlichen Talfahrt und aufgerieben von der Kritik an seiner Person. Endgültig entnervt hat ihn die ewige Fragerei nach dem möglichen Selbstrückzug. Die gab es auch in Cottbus wieder. Reporter: »Sitzen Sie in Bielefeld noch auf der Bank?« Trainer: »Wenn Sie weiter so eine Schmutzkampagne fahren, muss ich mir das überlegen.«
Das hat er nun - und die Konsequenz gezogen. »Jupp Heynckes ist ein Ehrenmann«, sagt Borussen-Präsident Rolf Königs. Und in so einem honorigen Fall spielt es auch keine Rolle mehr, ob »Don Jupp« nicht doch etwas dünnhäutig gewesen ist. Diesen Vorwurf musste sich Heynckes eigentlich immer gefallen lassen. Fehler in Aufstellung und Spielstrategie sind ihm ebenso angekreidet worden wie das angeblich nicht zum Besten stehende Verhältnis zur Mannschaft. Die wurde in der Winterpause noch einmal aufgepeppt, bisher erfolglos.
Weil Heynckes schon vorher angekündigt hatte, dass Borussia letzte Station sein werde, ist seine Trainerkarriere nach 29 Jahren nun beendet. Er ging mit Stil, wie Königs beschrieb: »Er hat die Schlüssel des Dienstwagens auf den Tisch gelegt und gesagt: Er ist vollgetankt und gewaschen.«
Seinem Abschied durch Selbstaufgabe voran gegangen waren über die Jahre auch Rauswürfe. Nach Meisterschaften mit München erwischte es ihn beim FC Bayern ebenso vorzeitig wie später in Frankfurt oder Schalke. Oder bei Real Madrid. Da flog Heynckes sogar als Champions-League-Sieger. Er hatte in jenem Jahr vergessen, auch noch Meister zu werden.

Artikel vom 01.02.2007