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Mit Syskoplan auf Einkaufstour

Vorstand Dr. Manfred Wassel im WB-Interview - zwei Zukäufe, eine Neugründung

Gütersloh (WB). Zum Ausgabepreis von 24 Euro ist die Syskoplan AG im November 2000 an die Börse gegangen. Gestern notierte die Aktie bei 8,60 Euro. WB-Redakteur Stephan Rechlin fragt den Syskoplan-Vorstandsvorsitzenden Dr. Manfred Wassel, ob es noch sinnvoll ist, auf einen Kursanstieg zu warten.

Ich bin Anfang 40, Angestellter und Opfer der geplatzten Internet-Blase aus dem Jahre 2001. In meinem Trauer-Depot schlummern noch Syskoplan-Papiere aus den wilden Jahren. Was soll ich damit tun?
Dr. Manfred Wassel: Ich bin 58, Unternehmer und erlebe gerade die spannendste Zeit in meiner Firma. Sie gehört mir zwar nicht mehr, ich trage aber noch die volle Verantwortung. Wenn Sie das Geld gerade nicht unbedingt brauchen, warten Sie noch ein wenig ab oder kaufen Sie hinzu.

Worauf soll ich warten?
Wassel: Auf das Ergebnis unserer neuen Strategie. Wie unser Mehrheitsaktionär Reply in Italien bilden wir zur Zeit ein Netzwerk aus kleineren IT-Firmen, die sich in ihrer jeweiligen Nische spezialisiert haben und dort zum Primus geworden sind. Trotz der Übernahme bleiben die Firmen in ihren operativen Geschäften unabhängig. Wir wollen zukaufen, ohne zu zerstören und entwickeln statt zu schlucken.

Jeder Zukauf ist ein Risiko. Zwei Unternehmen hat Syskoplan bereits erworben, eines neu gegründet, ein weiteres steht auf der Einkaufsliste. Bleibt das Verhältnis zu den neuen Firmen so entspannt wie Ihr Motto?
Wassel: Natürlich nicht. Die Aufnahme ins Netzwerk erfordert eine hohe Anpassungsleistung. Das jeweilige Angebot muss fachlich zu uns passen. Darüber hinaus ist eine gewisse Ethik im Umgang miteinander strikt einzuhalten. Und das alles auf Englisch. Wenn das gelingt, eröffnet jeder Zukauf auch neue Wachstumschancen.

Inwiefern?
Wassel: Beispiel »macrosInnovation GmbH«. Die Kollegen bieten Softwarepakete an, die Sachbearbeiter in allen Banken und Versicherungen in Deutschland nutzen können. Ob auf SAP- oder Windows-Basis - viele Programmfunktionen ähneln sich, der Rest wird individuell für jeden Kunden entwickelt. Das Netzwerk kann von Macros lernen, wie solch ein Angebot entwickelt und an den Markt gebracht wird. Macros wiederum kann über das Netzwerk neue Kunden aus neuen Branchen gewinnen. Das Konzept ist so einleuchtend, dass es mich ärgert, nicht selbst darauf gekommen zu sein.

Was aber, wenn sich der Zukauf als Flop erweist?
Wassel: Das wird früher oder später sicher auch mal passieren. Wie gesagt, jedes Unternehmen bleibt für sein operatives Geschäft selbst verantwortlich - und damit auch für das Ergebnis. Hält es nicht mit, bekommt es erst einmal Hilfe aus dem Netzwerk. Klappt es dann immer noch nicht, wird es abgewickelt. Wobei das Netzwerk den davon betroffenen Menschen neue Perspektiven bieten kann.

Woher stammt eigentlich das Geld für allĂ• die Zukäufe? Nehmen Sie Schulden auf?
Wassel: Keinen Cent. Mit einer Eigenkapitalquote von nahezu 68 Prozent sind wir kerngesund. Die Zukäufe werden in Bargeld und Aktien bezahlt. Wer unsere Aktien als Zahlungsmittel akzeptiert, der setzt automatisch auf die Zukunft. Ehemalige Inhaber und Geschäftsführer können darüber hinaus besonders von Kurssteigerungen profitieren. Das motiviert natürlich.

Artikel vom 31.01.2007