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Richter hebt
die U-Haft auf

Prozess:Misshandlung am Luisenturm

Von Frauke Kanbach
Borgholzhausen/Bielefeld (WB). Der unter anderem wegen gemeinschaftlicher Freiheitsberaubung, Vergewaltigung, Körperverletzung und Nötigung angeklagte Dimitrij S. befindet sich nicht länger in Untersuchungshaft. Das ist das überraschende Ergebnis des vierten Verhandlungstages im Fall der im 6. Juli 2006 am Luisenturm vergewaltigten Karen R. (Name von der Redaktion geändert).

Richter Reinhold Hülsmann gab dem Antrag der Anklage, den Haftbefehl außer Vollzug zu setzen, gestern vor dem Bielefelder Landgericht statt und hob den Haftbefehl gegen den 32-jährigen Deutsch-Russen auf - ohne Auflagen oder Weisungen zu erlassen.
Zur Begründung seines Antrages führte Rechtsanwalt Andreas Steffen, Verteidiger des Angeklagten, die widersprüchlichen Aussagen des 38-jährigen Opfers an.
Karen R., die als Nebenklägerin im Prozess auftritt, wurde gestern von ihrer Anwältin vertreten. Die lehnte die Haftaufhebung ab mit der Begründung, dass es keinen Zweifel an der Kernaussage ihrer Mandantin gebe. Staatsanwalt Lothar Hirschberg bezog keine eindeutige Stellungnahme.
Zuvor war als Zeugin die Polizeibeamtin Stephanie W. aus Halle gehört worden. Die Hausbewohner am Blömkenberg 30, bei denen Karen R. nach ihrer gelungenen Flucht am Morgen des 7. Juli 2006 Hilfe gesucht hatte, hatten die Polizistin und einen Kollegen verständigt.
Die 24-jährige Beamtin berichtete vor Gericht, was die 38-Jährige im Juli zum Tathergang zu Protokoll gegeben hatte. So sei das Opfer nach einer Party von drei Männern an der Bushaltestelle in der Apfelstraße in Bielefeld am 6. Juli 2006 gegen 22 Uhr in ein Auto gezerrt und in ein Waldstück am Luisenturm in Borgholzhausen verschleppt worden. Der Tatort sei ihr völlig unbekannt gewesen. Im Wald sei sie von allen drei Männern mehrfach vergewaltigt sowie geschlagen und getreten worden. Drei Fluchtversuche seien gescheitert. Irgendwann in der Nacht seien zwei der Täter verschwunden. Ihr gelang die Flucht, nachdem der im Auto zurückgebliebene Täter, Dimitrij S., eingeschlafen sei.
Der mehrfach Vorbestrafte schweigt zu den Vorwürfen. Es wird davon ausgegangen, dass er bei der Tat den Wagen fuhr, während die beiden anderen Männer schon über das Opfer herfielen.
Anfang dieses Jahres hat die Polizei mit einem 30-jährigen Polen aus Dissen einen der beiden noch flüchtigen Tatverdächtigen festnehmen können. Das Opfer hat den Mann in einer Lichtbildmappe der Kriminalpolizei wiedererkannt. Der 30-Jährige sitzt seither in Untersuchungshaft und streitet jede Tatbeteiligung ab.
Die Beweisaufnahme konnte noch nicht abgeschlossen werden. Der Prozess um die Entführung und Vergewaltigung der 38-jährigen Karen R. wird am Freitag, 16. Februar, vor der 9. Großen Strafkammer des Landgerichts Bielefeld fortgesetzt.

Artikel vom 31.01.2007