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»Zu viele Menschen in Afghanistan sehen in der Taliban mittlerweile wieder das kleinere Übel.«

Leitartikel
Afghanistan

Entscheidende
Schlacht
gegen Terror


Von Dirk Schröder
In Berlin ist gestern das zweitägige Koordinierungstreffen zum Wiederaufbau Afghanistans zu Ende gegangen. Die bisherige politische Bilanz fällt ernüchternd aus. Auch wenn Außenminister Frank-Walter Steinmeier dem Land Erfolge beim Wiederaufbau bescheinigt. Diese diplomatische Floskel kann die Tatsachen nicht verdrängen: Die Ergebnisse sind, gelinde gesagt, eher bescheiden.
Das liegt natürlich daran, dass das Land nach 25 Jahren Krieg zu den am wenigsten entwickelten Ländern der Welt gehört. Ein solches Land lässt sich nicht von heute auf morgen wieder auf die Beine stellen.
Das liegt selbstverständlich auch daran, dass die internationale Gemeinschaft diese Herkulesaufgabe nicht immer mit der richtigen Strategie angegangen ist. Allen voran sind hier die US-Soldaten zu nennen. Niemand bestreitet, im Süden Afghanistans stehen sie fast ständig unter dem Feuer der Taliban-Terroristen. Da möchte man nicht unbedingt mit ihnen tauschen.
Doch müssen sie sich vorwerfen lassen, daran nicht ganz schuldlos zu sein. Bisher haben sie geglaubt, das Problem allein militärisch lösen zu können - ein Irrglaube, wie US-Präsident Geortge W. Bush mittlerweile bereits im Irak eingesehen hat.
Da mögen die amerikanischen Soldaten noch so sehr über die Bundeswehrsoldaten im ruhigeren Norden spotten, allein militärisch lässt sich der Wiederaufbau nicht bewerkstelligen. Wenn es im Norden so ruhig ist, ist dies doch nicht zuletzt eine Folge der Strategie, den zivilen Maßnahmen mehr Gewicht zu geben und sie besser mit militärischem Handeln zu verknüpfen.
Wenn jetzt die Amerikaner auch auf diese Linie einschwenken, gibt es Hoffnung für das Land am Hindukusch. Lassen sich doch noch die Herzen der Menschen in Afghanistan gewinnen, die sich nach anfänglicher großer Hoffnung wieder enttäuscht von ihren »Rettern« abgewendet haben. Zu viele von ihnen sehen mittlerweile in der Taliban das kleinere Übel.
Nach allen Ankündigungen steht Afghanistan vor einem Jahr der Entscheidung, in welche Richtung es künftig treiben wird. Die Taliban haben ein blutiges Frühjahr angekündigt, die alle militärische Kraft der dort stationierten NATO-Soldaten erfordert, auch die der Deutschen.
Das mindeste ist die Entsendung der sechs Tornado-Aufklärungsflugzeuge. Mit ihrer Hilfe wird das Lagebild der NATO-Truppe deutlich verbessert. Und auch die deutschen Soldaten, die zivilen Helfer und nicht zuletzt die Bevölkerung werden davon profitieren.
Das noch nicht beendete Hickhack um die Entsendung der Tornados sollte endlich auch Anlass sein zu einer öffentlichen Diskussion, die bisher weitgehend vermieden worden ist. Wie groß sollte der Beitrag sein, den Deutschland mit seinen Soldaten in Afghanistan im Krieg gegen den internationalen Terror leistet?
Der Kampf gegen den Terror ist längst nicht gewonnen, am Hindukusch wird aber eine entscheidende Schlacht geschlagen.

Artikel vom 01.02.2007