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Gefährlicher Pfusch verjährt

Nach Betrug muss Allgemeinheit Schaden bezahlen

Von Hubertus Hartmann
Paderborn (WB). Eine Baufirma aus dem Münsterland hat die Stadt Paderborn »an der Nase herumgeführt«, wie Amtsleiterin Margit Hoischen es ausdrückt, und beim Bau einer Brücke lebensgefährlichen Pfusch abgeliefert. Die Kosten trägt der Steuerzahler.

Bei der Lieth-Brücke, die über die Bahnlinie Dortmund-Kassel führt, hatte das Unternehmen 1970 statt Stahlbetonstreben nur Attrappen eingebaut. Tagtäglich rollten einige Tausend Autos und Lastwagen über die Brücke.
Im Juni 2006 sollte das 33,4 Meter lange und 12,4 Meter breite Bauwerk saniert und um einen Rad- und Gehweg verbreitert werden. Dabei entdeckten Arbeiter die unvorstellbare Bausünde: Die Brücke wurde nicht, wie in der Statik vorgeschrieben, von 80 Querspannstählen gehalten, sondern höchsten von zehn. Und die waren verrostet, weil man die zwölf Millimeter starken Stäbe seinerzeit nicht mit Beton verpresst hatte.
Dass dabei kriminelle Energie im Spiel war, zeigt die Tatsache, dass die Baufirma ihren Pfusch geschickt kaschiert hatte. Anstelle der fehlenden Stähle steckten 50 Zentimeter lange Attrappen in den Spannkanälen, die mit Silikon festgeklebt waren und den Anschein erweckten, als sei alles ordnungsgemäß gebaut worden. Für Rudolf Kirchhoff, stellvertretender Leiter des städtischen Straßen- und Brückenamtes, »klarer Betrug«. Eigentlich hätte die Verspannung des Stahls damals unter städtischer Aufsicht geschehen und protokolliert werden müssen. »Aber ein Spann-Protokoll gibt es nicht«, räumt Kirchhoff ein.
Die nachträgliche Stabilisierung und Beseitigung der Baumängel kostet 400 000 Euro. Wegen der aufwändigen Sanierung werden sich die Arbeiten wahrscheinlich bis zum März hinziehen.
Die Pfuschfirma existiert noch. Das Rechtsamt der Stadt Paderborn hat inzwischen geprüft, ob sie für den Baubetrug belangt werden kann. »Aber nach 36 Jahren ist die Sache leider verjährt, und Regressforderungen wären aussichtslos«, erklärte gestern Jens Reinhard, Sprecher der Stadt Paderborn. »Wir haben die Akte deshalb geschlossen.« Strafrechtlich ist der Fall ebenfalls verjährt.

Artikel vom 31.01.2007