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Sechs Monate
lang aufräumen

10 000 Kräfte entfernen Sturmholz

Altena/Münster (dpa). Bei der Beseitigung der Sturmschäden in den nordrhein-westfälischen Wäldern müssen bis zu 10 000 Fachleute helfen. Das sagte der Leiter der Landesforstverwaltung, Franz-Lambert Eisele in Altena (Märkischer Kreis).

Der Orkan »Kyrill« hat landesweit 25 Millionen Bäume umgeknickt. Es werde voraussichtlich ein halbes Jahr dauern, bis das Holz aus dem Wald geborgen sei. Dabei sollen Forstleute aus anderen Bundesländern und Saison-Fachkräfte aus dem Ausland helfen, erläuterte Eisele. »Wenn die Windgeschwindigkeiten noch zehn bis 15 Stundenkilometer höher gewesen wären, stünde kaum noch ein Baum«, sagte er.
Landesumweltminister Eckhard Uhlenberg (CDU) versprach den geschädigten Waldbauern weitere Unterstützung. Das Land wolle Bürgschaften für Kredite übernehmen. Die Verwüstung in den Wäldern nach dem Orkan »Kyrill« ist nach Expertenmeinung eine Katastrophe für die Forstwirtschaft. »Es ist nicht nur ein ökologisches, auch ein betriebswirtschaftliches Desaster«, sagte der Forstwissenschaftler Andreas Schulte, der das Wald-Zentrum an der Universität Münster leitet. Er mahnte Hilfsmaßnahmen des Landes an: Die Branche sei mit 250 000 Arbeitsplätzen in Forst- und Holzwirtschaft und mehr als 40 Milliarden Euro Jahresumsatz ausgesprochen wichtig für Nordrhein-Westfalen.
Nach Schultes Ansicht droht eine Schädlingsplage. »Der Borkenkäferbefall wird explosionsartig ansteigen«, sagte er. Auch die wenigen gesunden Fichtenbestände im Sauerland würden noch befallen. Nur wenn das Sturmholz rasch abtransportiert würde, könne dies verhindert werden. Der Forstwissenschaftler betonte, die mächtigen Stämme lägen »wie riesige Mikadostäbchen« ineinander verkeilt in den Wäldern. Diese Holztrümmer zu entfernen sei eine gefährliche Arbeit. Einen Sturm mit so verheerenden Folgen für den Wald wie den Orkan »Kyrill« habe es in Nordrhein-Westfalen seit Menschengedenken nicht gegeben. »Es existiert kein Hinweis aus Literatur oder Akten auf ein solches Ereignis im Land«, sagte Schulte. Teilweise seien Böen mit 200 Kilometern pro Stunde über das besonders betroffene Sauerland hinweggefegt. »Selbst mit Naturwäldern hat man bei bestimmten Windstärken keine Chance«: Robuste Laubbäume knickten ebenso um wie ohnehin anfällige Fichten.
Schulte vertritt die Auffassung, dass die Häufung von schweren Stürmen auf den Klimawandel zurückgeht. »Der klassische Jahrhundertsturm wird zum Jahrzehntsturm mit höheren Windgeschwindigkeiten«, vermutet er. Diesen Naturgewalten könne allein mit naturgemäßem Waldbau nicht getrotzt werden. »Der Hebel muss beim Klimaschutz angesetzt werden«, forderte Schulte.

Artikel vom 29.01.2007