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Blair: »Deutschland kann das Klima retten«

Autohersteller befürchten Standortnachteile

Davos (Reuters). Unter der Federführung Deutschlands sieht der britische Premierministers Tony Blair Chancen, die USA und die Schwellenländer im Kampf gegen den Klimawandel zu einen. Fünf deutsche Autohersteller befürchten unterdessen massive Standortnachteile

Deutschland soll nach den Worten von Bundeskanzlerin Angela Merkel in der Energiepolitik eine Vorreiterrolle einnehmen. »Wir können dazu beitragen, dass hier Technologien entwickelt werden, die in den USA, Indien und China für die Lösungen sorgen«, sagte Merkel in Frankfurt/Oder. Klimaschutz, Energieeffizienz und erneuerbare Energien seien wichtige Handlungsfelder für die Bundesregierung. An ihrer Meinung zur Kernenergie werde sich jedoch nichts ändern. Die CDU-Vorsitzende gilt als Befürworterin der Atomkraft. Union und SPD hatten jedoch vereinbart, an dem von der rot-grünen Regierung beschlossenen Atomausstieg nicht zu rütteln.
Die deutsche Präsidentschaft der führenden acht Industrienationen biete die Chance, sich auf ein international verbindliches Abkommen zur Nachfolge des Kyoto-Protokolls zu verständigen, sagte Blair beim Weltwirtschaftsforum in Davos. Eine neue Klima-Vereinbarung müsse radikaler und umfassender sein als das Kyoto-Protokoll. Alle großen Länder müssten sich beteiligen. Das Kyoto-Protokoll läuft 2012 aus. Darin verpflichteten sich die Unterzeichner, den Treibhausgas-Ausstoß zu senken. Mehrere große Staaten wie die USA, China und Indien haben die Vereinbarung nicht unterzeichnet.
Bundeswirtschaftsminister Michael Glos warnt unterdessen vor dem Verlust zehntausender Arbeitsplätze in der Automobilbranche, wenn EU-Umweltkommissar Stavros Dimas seinen Vorschlag für neue Abgas-Grenzwerte durchsetzt. »Die Pläne, die der griechische EU-Kommissar Dimas und Umweltminister Sigmar Gabriel gegen die deutsche Automobilindustrie verfolgen, müssen dringend gestoppt werden«, sagte der CSU-Politiker. DaimlerChrysler müsste dem Betriebsratsvorsitzenden Erich Klemm zufolge mehrere Fabriken schließen. »Betroffen wären in Sindelfingen, Untertürkheim und Bremen 65 000 Mitarbeiter.« Auch IG-Metall-Chef Jürgen Peters macht Druck auf die EU.
In einem Brief an Kommissionspräsident Jose Manuel Barroso bittet Peters »eindringlichst um Aufschub der Entscheidung über die EU-Direktive, damit eine Beteiligung der Gewerkschaften an europäischer Meinungsbildung möglich ist«.
Zudem kritisierten die Chefs der fünf großen Automobilhersteller in Deutschland die europäische Klimapolitik in einem Schreiben an die EU-Kommission. »Die Maßnahmen bedeuteten eine massive industriepolitische Intervention zu Lasten der gesamten europäischen, aber im Besonderen der deutschen Automobilindustrie«, heißt es in dem Brief der Chefs von BMW, Opel, Volkswagen, DaimlerChrysler und Ford.
Dimas will den Durchschnittsausstoß bei allen von 2012 an neu zugelassenen Autos auf 120 Gramm Kohlendioxid (CO2) pro Kilometer begrenzen. Dies wäre die Reaktion darauf, dass die Autoindustrie ihre Zusagen für eine Senkung des Ausstoßes von klimaschädlichen Treibhausgasen nicht einhält. Derzeit gilt eine freiwillige Selbstverpflichtung der Industrie auf einen Durchschnitt von 140 Gramm CO2 pro Kilometer bis Ende 2008, der aller Voraussicht nach aber verfehlt wird. Asiatische Hersteller haben ein Jahr länger Zeit.
Die Industrie macht für die Überschreitung auch die Vorliebe der Autokäufer für große und schwere Modelle verantwortlich. Der CO2-Ausstoß hängt direkt mit dem Verbrauch zusammen. Die Hersteller kleiner Autos aus Frankreich oder Italien haben deshalb weniger Probleme mit einer CO2-Begrenzung als etwa Mercedes, BMW oder Porsche.

Artikel vom 29.01.2007