29.01.2007 Artikelansicht
Ausschnitt Zeitungsausschnitt
Drucken Drucken

 

Streicheleinheiten für
die Glatze des Tages

Borges erlöst Arminia: Kopfball zum 1:1 gegen den HSV

Von Dirk Schuster
Bielefeld (WB). Das Spiel hatte für Arminia gar kein schlechtes Ende nehmen können. »Ich habe beim Frühstück mein Horoskop in der Zeitung gelesen. Da stand, dass es mein Glückstag werden würde«, verblüffte Marcio Borges mit ungeahntem Sinn für die Astrologie. Mit seinem Tor rettete er dem DSC das Remis gegen den HSV.
Goldköpfchen Marcio Borges.

1:1 in der 89. Minute - den Kopf in den Nacken legend und ein Stoßgebet sprechend reckte Kapitän Mathias Hain seine Arme gen Himmel. »Das war eines der wichtigsten Tore in dieser Saison«, sagte Bielefelds Kapitän. »Man muss das ja auch auf die Situation der Hamburger übertragen. Hätten wir sie gewinnen lassen, hätten wir sie zurück ins Rennen geholt.«
Von Mitgefühl für den Verlierer konnte daher keine Rede sein. Mit dieser Einschränkung. Hain: »Ich bin mit Bastian Reinhardt befreundet und weiß, wie sehr er Profi ist, wie viel Herz er hat, wie er leidet. Er wollte nicht, dass wir dieses Mal vor dem Spiel telefonieren. Dafür habe ich Verständnis.«
Ob Reinhardt gegenüber Hain, seinem Gefährten aus gemeinsamer Arminia-Zeit, nach dem Spiel gesprächiger war, darf bezweifelt werden. Denn wie am 17. Spieltag gegen Aachen (3:3) brachte sich sein HSV auch am 18. Spieltag in Bielefeld in der Schlussphase um den sicher geglaubten Sieg. Zwar unterlief Reinhardt dieses Mal nicht wie in Aachen ein Eigentor. Doch nach dem Freistoß des Arminen Bernd Korzynietz (HSV-Trainer Doll: »40 Meter ist der Ball in der Luft, und wir sind nicht kompakt genug, den Treffer zu verhindern«) in den Gästestrafraum hinein, wussten weder Reinhardt noch sein Abwehrkollege Mathijsen Borges entscheidend zu stören. Wie Uwe Seeler 1970 gegen England verlängerte Marcio Borges 2007 gegen Hamburg den Ball mit dem Hinterkopf ins Tor. »Die Glatze des Tages«, nannte Korzynietz seinen Abwehrpartner, Sternzeichen Steinbock, und streichelte ihm über den kahlen Kopf. Derweil gestand Borges (34) breit grinsend, nach dem Abschlusstraining nichtmal zwingend mit seiner Nominierung gerechnet zu haben.
Doch Trainer Thomas von Heesen entschied sich dafür, den dienstältesten Arminen (Borges ist seit 1999 im Kader), den zuletzt eine Grippe schwächte, zu nominieren und in Petr Gabriel einen anderen Innenverteidiger auf die Tribüne zu setzen. Um nach Borges' Einwechslung (kam für Kucera) und dessen Tor zufrieden festzustellen: »Alles richtig gemacht.«
So sah das auch Heiko Westermann. Ihm war das Missgeschick unterlaufen, das dem Hamburger Danijel Ljuboja den Weg zum Führungstor (10.) ebnete. Bei dem Versuch, einen langen Pass zu spielen, rutschte Bielefelds Abwehrspieler aus. Der Ball landete bei Sorin, Sorin setzte Laas ein, und der schickte Ljuboja mit einem Traumpass Richtung DSC-Gehäuse. Westermann: »Das Tor kreide ich mir an. Aber Marcio hat das gut für mich ausgebügelt.« Allerdings hatte Westermann schon gar nicht mehr daran geglaubt, dass ausgerechnet eine Standardsituation (»Eine schlechter als die andere«) Bielefeld noch den Ausgleich bescheren könnte. Dass der DSC auch aus dem laufenden Spiel heraus kaum torgefährlicher war, wirkte sich äußerst negativ auf den Unterhaltungswert der Partie aus.
Das sah auch Mathias Hain so. »Ich gebe zu, dass es nicht immer ganz einfach ist, sich ein Spiel wie das gegen Hamburg anzuschauen. Wenn ich als Fan ins Stadion ginge, würde ich auch lieber eines wie gegen Aachen sehen.« Doch von seiner Bedeutung für den weiteren Saisonverlauf her steht das Ergebnis des HSV-Spiels dem 5:1 über Aachen in nichts nach.

Artikel vom 29.01.2007