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Nach »Kyrill«
folgt Angst vor
der Käferplage

Südbezirks-Wälder stark betroffen

Von Carsten Borgmeier
Senne (WB). Das Sturmtief »Kyrill« hat im Süden der Stadt Bielefeld - vorwiegend auf den Höhen und an den Hängen des Teutoburger Waldes im Bereich Senne - enorme Schäden verursacht.

Nach ersten Schätzungen der Forstverwaltungen wurden durch den schweren Sturm von Donnerstag auf Freitag vergangener Woche mindestens 3000 Bäume, zumeist Kiefern und Fichten, entwurzelt und stürzten um.
Von diesen Bäumen geht eine hohe Gefahr für Leib und Leben von Spaziergängern, Joggern, Reitern und Waldarbeitern aus. Deshalb hat die Landesforstbehörde in Abstimmung mit dem zuständigen Umweltbetrieb der Stadt die Bielefelder Waldgebiete bis zum 4. Februar, 24 Uhr, gesperrt.
Insgesamt, so berichtet Jürgen Oppermann vom NRW-Landesbetrieb Wald und Holz, habe es im gesamten Bielefelder Stadtgebiet 7000 Bäume, also ungefähr 5000 Festmeter Holz, bei dem Sturm erwischt. Dies sei so viel, wie normalerweise in sechs Monaten aus dem Wald herausgeholt werde, so der 56-Jährige. Eigenen Angaben zufolge hat Oppermann eine ähnliche Schadensbilanz, auf Nordrhein-Westfalen bezogen, noch nicht erlebt. Seine Behörde, die »Filiale« der Landesforstverwaltung an der Dornberger Straße unweit der Hünenburg, ist hoheitlich zuständig für alle Waldflächen - staatliche, städtische und private - in Bielefeld sowie dem angrenzenden Kreis Gütersloh.
Von unternehmerischer Seite schockiert zeigt sich der Waldbesitzer Clemens von Spiegel aus Senne. Der 34-jährige Diplom-Forstwirt bewirtschaftet unweit der Waterbör annähernd 260 Hektar Mischwald, darunter befinden sich auch große Kiefern- und Fichtenbestände. Von diesen so genannten Flachwurzlern liegen auf dem von Spiegelschen Anwesen etwa 1000 Bäume flach, die wie alle anderen Sturm-Bäume so schnell wie möglich aus dem Wald geborgen werden müssen, um dem gefährlichen Borkenkäfer keine zusätzliche Nahrung zu bieten.
Clemens von Spiegel sucht derzeit wie alle anderen Waldbewirtschafter händeringend entsprechend geschulte Arbeitskräfte, die das Sturmholz aus dem Forst holen. Sehr notwendig aufgrund der Gefahrenlage im Wald seien Baum-Erntemaschinen, so genannte »Harvester«, die maschinell fällen wie entasten. Der Fahrer eines solchen »Harvesters« sitze dabei durch einen Käfig geschützt in der Kabine. »Derzeit mit der Kettensäge in den Forst zu gehen und loszulegen, ist lebensgefährlich, da umgestürzte Bäume wie Baumkronen unter Spannung stehen können«, erklärt Clemens von Spiegel.
Für die befürchtete Borkenkäferplage ist nach Auskunft von Clemens von Spiegel die nasse, milde Witterung der vergangenen Wochen mit verantwortlich, die zudem »Kyrill« beim Umwerfen der Nadelgehölze geholfen habe: »Der Waldboden war feucht, die Wurzeln hatten in dem Matsch nicht genügend Halt und wurden umgerissen«, so der 34-Jährige. In diesem morastigen Grund des Teutoburger Waldes konnten zudem Borkenkäfer-Larven überleben, die normalerweise durch Frost und winterliche Kälte zum großen Teil vernichtet worden wären.
Ende März, Anfang April, wenn die Temperaturen über 14 Grad steigen, starteten in heimischen Wäldern Millionen Borkenkäfer in die Lüfte auf der Suche nach Nahrung, erläutert der Unternehmer. Dann seien auch gesunde Bäume gefährdet. »Wahrscheinlich müssen wir dann zu Spritzmitteln greifen, um den Wald zu retten«, vermutet Clemens von Spiegel.
Das Sturmholz werde der Industrie unter anderem als Bauholz angeboten. Wahrscheinlich sinke der Preis für den Festmeter deutlich für eine gewisse Zeit, da durch den Sturm und seine Folgen der Holzmarkt überschwemmt werde, vermutet von Spiegel. Dringender für ihn sei jetzt erst einmal, an ausreichend qualifizierte Waldarbeiter zu kommen, da viele in Richtung Sauerland unterwegs seien. Dort ist die meiste Arbeit in den großen Waldgebieten vorhanden.

Artikel vom 25.01.2007