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Endlich in frische Brötchen beißen

Kooperation soll Zöliakie-Kranken ein Stück Lebensqualität zurück bringen

Von Marion Neesen (Text und Foto)
Salzkotten (WV). »Einfach mal in den Laden gehen und kaufen, was man möchte«, ist ein Wunsch, den viele von der Darmkrankheit Zöliakie Betroffene hegen, wie Silke Schäfers weiß. Die Scharmederin ist Mutter einer zöliakie-kranken Tochter und engagiert sich seit Jahren in der Deutschen Zöliakie Gesellschaft im Paderborner Land. Sie freut sich ebenso wie Georg Brüggenthies auf endlich frisches Brot.

Was für viele Menschen ganz normal ist, kann für Zöliakie-Kranke zu schweren gesundheitlichen Schäden führen. Frische Brötchen zum Frühstück sind für sie ungenießbar -Êsolange sie mit normalem Weizen-, Gersten- oder Roggenmehl gebacken sind. Denn dieses enthält Gluten, das so genannte Klebereiweiß, worauf die Erkrankten allergisch reagieren. Die Versorgung mit glutenfreien Lebensmitteln ist schwierig. Entweder backen die Betroffenen ihr Brot also selbst oder sie greifen auf abgepackte Ware zurück.
Eine Kooperation der Upsprunger Bäckerei Lange und der Firma Hanneforth soll nun jedoch ermöglichen, dass auch Zöliakiekranke in den Genuss frischer Backwaren kommen. »Wir produzieren die Backwaren nachts, liefern an die Firma Lange aus, die dann wiederum den Verkauf in den Filialen übernimmt«, erklärt Udo Hanneforth das Konzept.
Für die Bäckerei Lange ein willkommenes Angebot. Anfragen nach glutenfreiem Brot habe es immer wieder gegeben, so Geschäftsführerin Birgit Laufs. »Bisher konnten wir diese Kunden aber nicht bedienen.« Die Herstellung sei sehr aufwändig, dafür müsse eigens ein Raum eingerichtet werden, der absolut glutenfrei sei und auch von Mitarbeitern mit Weizenmehl an der Kleidung nicht betreten werden dürfe.
Nun können Kunden jedoch aus verschiedenen Brot- und Brötchensorten sowie Kuchen- und Biskuit-Tortenböden auswählen, ihre Bestellung bis mittwochs nachmittags in einer der 34 Lange-Filiale im Kreis Paderborn abgeben und bekommen am nächsten Tag die frische Ware. »Wer einmal versucht hat, glutenfrei zu backen, weiß wie frustrierend das ist«, weiß Georg Brüggenthies als selbst Betroffener aus eigener Erfahrung. »Die ersten Brote waren ja wie Holzklötze«, so auch Silke Schäfers, »am Anfang sei man noch sehr motiviert, aber wenn man das Ergebnis sieht . . «
Zwar macht Lange das Angebot in der ersten Testphase nur einmal pro Woche, aber schon das ist für Zöliakie-Kranke eine echte Errungenschaft Denn glutenfreie Brote sind ruck zuck trocken.
Die Firma Hanneforth aus Horn Bad Meinberg mit derzeit vier Mitarbeitern hat sich auf diesem Gebiet spezialisiert und verwendet daher auch kein Maismehl, sondern überwiegend Reismehl. Derzeit wird auch Mehl aus Kochbananen importiert und als Basis verwendet.
Wie schwierig eine glutenfreie Ernährung ist, zeigt sich auch im Verkauf der Backwaren. »Wir werden unsere Verkäuferinnen eigens schulen, denn das Brot darf nicht ausgepackt werden und neben normalen Backwaren liegen«, so Birgit Laufs.
Die spezielle Herstellung schlägt sich natürlich auch im Preis nieder. Rund 50 Prozent teurer als normale Brote, sind die glutenfreien. Aber daran sind Zöliakie-Kranke gewohnt. »3,50 Euro für ein Pfund Nudeln ist keine Ausnahme«, so Georg Brüggenthies. Unterstützung von den Krankenkassen bekommen die Betroffenen nicht. Denn sie brauchen keine Medikamente, sondern »nur« eine 100 Prozent glutenfreie Nahrung.
Für Georg Brüggenthies, der schon jetzt an Brot und Brötchen Geschmack gefunden hat, sind die frischen Backwaren ein absoluter Gewinn im Kreis Paderborn. Er hofft, dass viele Zöliakie-Kranke von dem Angebot Gebrauch machen, so dass die Bäckerei Lange, vielleicht irgendwann eine nahezu tägliche Versorgung in Aussicht stellen kann.

Artikel vom 24.01.2007