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Einfach zauberhaft: Von
Blumen und Wundern

Frühlingsboten wecken Kräfte - Kätzchen gegen das Böse

Ein Garten, in dem es im Frühjahr nicht grünt und blüht - unvorstellbar. Jeder genießt es, das Frühlingserwachen sehen, riechen und fühlen zu können.Im Volksglauben sind viele Frühlingsblüher von einem Zauber umgeben. Stimmt. Selbst in Gummistiefeln sind sie bezaubernd.
Viele der Frühlingsblüher zählen schon seit Jahrhunderten zu den beliebtesten Pflanzen. Vom Veilchen erzählten die alten Griechen, dass es dort entsprungen sei, wo der Sänger Orpheus seine Laute niedergelegt hatte. Goethe und Schiller, Shakespeare, Mozart und viele andere schrieben, dichteten und komponierten über das Veilchen. Dieses Einzigartige allerdings gibt es nicht, denn es sind viele Arten, die von März bis weit in den Sommer aufeinander folgen: Hundsveilchen, Hainveilchen, Labradorveilchen, Pfingstveilchen, Hornveilchen und nicht zuletzt das Stiefmütterchen, das mit seinem botanischen Namen Viola wittrockiana verrät, dass es auch zur Gattung der Veilchen (Viola) gehört. Eröffnet wird der Reigen bereits im März vom Duftveilchen, dessen zarte, blaue Blüten süßen Duft verströmen. Der Mediziner und Astrologe Paracelsus, eher als nüchterner Wissenschaftler und beißender Kritiker bekannt, schwärmte im 16. Jahrhundert: »Ein Tag im Frühling ohne Veilchenduft ist ein verlorener Tag.«
Im Volksglauben sind viele der Frühlingsblumen von einem Zauber umgeben. Beispielsweise ist es verboten, sie zu pflücken. Bricht man trotzdem die Stängel der Frühlings-Küchenschelle ab, hören angeblich die Hühner auf, Eier zu legen. Wer Märzenbecher oder Lerchensporn auch nur anfasst, bekommt Sommersprossen und eine wunde Nase. Auch um die Schlüsselblumen rankt sich ein ähnlicher Glaube, wie man im »Heiterem Herbarium« des österreichischen Schriftstellers Heinrich Waggerl (1897-1973) erfährt: »Wenn Gott zum lieben Osterfest, die Himmelschlüssel sprießen lässt, für jede arme Seele einen, dann finden aber jene keinen, die schon zu Lebzeit sich erkeckten und welche an die Hüte steckten.« Also, am besten bewundert man die frühen Blüher nur mit den Augen.
Bei den Sträuchern und Bäumen sieht die Sache anders aus: Von ihnen darf man Zweige schneiden. Vielleicht nicht gerade von den edlen Frühlingsgehölzen wie Zaubernuss, Magnolie oder dem duftenden Winterschneeball, jedoch getrost von Haselnuss, Eberesche, Weide und Birke. Denn mit ihren Zweigen wird traditionell der Winter ausgetrieben und die Natur geweckt. Die wichtigste Rolle kommt der Haselnuss zu, die mit ihren vielen Nüssen im Herbst als Symbol der Fruchtbarkeit dient. Sie liefert auch den gegabelten Zweig der Wünschelrute, mit der man verborgene Schätze entdecken kann. Damit ihr Zauber wirkt, muss sie allerdings in den so genannten Raunächten zwischen Weihnachten und Neujahr, in der Osterwoche oder in der Walpurgisnacht, also der Nacht zum 1. Mai, geschnitten werden. Starke Kräfte werden auch den Kätzchenweiden zugeschrieben. Werden sie am Palmsonntag in der Kirche geweiht, bewahren sie angeblich Mensch und Tier, Haus und Hof das ganze Jahr hindurch vor schlechten Einflüssen. Und mit Birkenzweigen, zu einem Reisigbesen zusammengebunden, kehrte man früher alles Schlechte aus Haus und Stall.

Artikel vom 14.04.2007