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Holzernte nach dem Sturm

Etwa 12000 Festmeter gefallen - Fichten am stärksten betroffen

Von Matthias Kleemann
(Text und Fotos)
Schloß Holte-Stukenbrock (WB). Die moderne Technik macht es möglich: Nur etwa vier Wochen wird es nach Schätzung von Klaus Windhaus dauern, bis der Wald rund um Schloß Holte-Stukenbrock größtenteils von den umgestürzten Bäumen geräumt ist.

»Das ist der technische Vorteil, den wir heute haben«, sagt Windhaus, der beim Forstamt Bielefeld für rund 3350 Hektar Wald in Schloß Holte-Stukenbrock und Verl zuständig ist. Dieser technische Vorteil hat sechs Räder und einen Maschinenkopf an einem Ausleger, mit dem Bäume gefällt, entastet und in gleichmäßig lange Stämme zerlegt werden können. Harvester nennt sich diese Waldmaschine, die zurzeit die Sturmschäden in den Besitzungen des Grafen von Schlieffen beseitigt. Und weil ein Computer im Cockpit jeden einzelnen Festmeter addiert, lässt sich auch sagen, dass der Harvester bis jetzt rund 500 Festmeter geschafft hat (ein Festmeter entspricht einem Kubikmeter).
Im Cockpit sitzt der Maschinenführer geschützt, ein weiterer Vorteil. »Für Waldarbeiter ist es an vielen Stellen im Augenblick noch zu gefährlich«, sagt Windhaus. Was jedoch nicht ausschließt, dass die Waldbesitzer mit ihren eigenen Leuten dort Schäden beseitigen, wo die große Maschine nicht hin kommt.
Der Harvester wird sich also in den nächsten Tagen und Wochen durch die heimischen Wälder fressen. Am Ende werden nach Schätzung von Klaus Windhaus 10000 bis 12000 Festmeter Holz aus Sturmschäden geerntet sein. Das ist in etwa die doppelte Menge dessen, was in diesem Waldgebiet sonst in einem Jahr gefällt wird. Aber natürlich sind es nicht genau die Bäume, die man geerntet hätte.
Betroffen sind vor allem Fichtenbestände und hier vor allem solche, die am falschen Standort stehen, also beispielsweise auf zu feuchten Böden. »Die Fichte ist ein Flachwurzler«, führt Windhaus aus. »Wenn der Boden zu feucht ist, haben die Wurzeln bei Sturm keinen richtigen Halt mehr, und der Baum gibt nach.« Hätte es vor dem Orkan am vergangenen Donnerstag nicht schon so lange geregnet, wären die Schäden sicher nicht ganz so groß gewesen. Auch bei Frost wären wohl weniger Bäume gefallen.
Große Windwurfflächen hat es vor allem in den Wäldern rings um die Bielefelder Straße und in Stukenbrock-Senne gegeben. Auch der Bereich an der Kaunitzer Straße in Liemke war stark betroffen, allerdings handelt es sich hier hauptsächlich um Kiefern, die eigentlich nicht so windanfällig sind. Aber offensichtlich hat »Kyrill« hier besonders gewütet.
Dafür, dass so wenig Laubbäume umgefallen sind, gibt es ebenfalls eine einfache Erklärung: Da sie zurzeit kein Laub tragen, haben sie keine Angriffsfläche für den Wind. Windhaus ist sich sicher: Wäre der Sturm im Sommer gewesen, wären viel mehr Buchen umgestürzt, deren Krone dann erheblich schwerer ist.
Letztlich zeigten sich nach einer solchen Naturkatastrophe die Fehler der Vergangenheit: Bäume in Monokulturen oder am falschen Standort konnten dem Sturm schlechter widerstehen. Das gleiche gilt für Bäume in ausgedünnten oder beispielsweise durch Schädlinge geschwächten Kulturen. Deshalb werde man beim Wiederaufforsten mehr auf Mischkulturen und standortgerechte Bepflanzungen setzen. An sich achte man bei der Waldwirtschaft heutzutage darauf, Flächen so zu bepflanzen, dass ein Kahlschlag prinzipiell vermieden wird. Nachdem der Wind nun vielerorts für Kahlschlag gesorgt hat, müsse eine neue Kultur so angelegt werden, dass man sie nach und nach umstellen kann.
Eine Bezifferung der Verluste ist nach Angaben von Windhaus schwierig und derzeit auch noch gar nicht möglich. Immerhin kann das jetzt angefallene Holz ja verkauft werden. Auch die Qualität stimme, selbst wenn die Bäume noch älter hätten werden können. Und es gibt Rahmenverträge mit Abnehmern in der Holzindustrie. Andererseits haben die Waldbauern so genannte Zuwachsverluste. Auch Kiefern und Fichten können bis zu 100 Jahre alt werden, doch die wenigsten der gefallenen Bäume sind so alt. Des weiteren fallen Kulturkosten an, also Investitionen für die verfrühte Wiederaufforstung. Je nachdem, wie groß die Sturmschäden in den verschiedenen Besitzungen sind, wird die Rechnung wohl auch immer unterschiedlich ausfallen.

Artikel vom 24.01.2007